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Interview mit "KDD"-Autor & Creative Producer Orkun Ertener

von Patrick Wildermann
(11.01.2010)

Billey Demirtas (rechts) mit Bülent Sharif, Szene aus Staffel 3
Billey Demirtas (rechts) mit Bülent Sharif, Szene aus Staffel 3ZDF/Volker Roloff

Was müsste sich strukturell auf Seiten der Sender ändern?

OE: Ich glaube nicht mehr daran, dass sie dort eine Eingebung bekommen und sagen: Gut, jetzt haben wir so oft Bergwacht gemacht, so oft Bergdoktor, das läuft alles sehr gut, das machen wir auch weiterhin, aber wir wollen auch innovativere Formate ausprobieren. Dass sich das von allein ergibt und sich daraus eine Tradition, ein Trend und feste Sendeplätze entwickeln, halte ich für ausgeschlossen, das muss erzwungen werden.

Wodurch?

OE: Es gibt ja schon eine Abkehr vom Fernsehen. Sicher, das ist zahlenmäßig noch kein richtiger Trend, aber ganze Gruppen, vor allem des jüngeren Publikums, schauen gar kein Fernsehen mehr, sondern wählen auf DVD, durch Downloads oder ähnliches ihren Konsum sehr bewusst. Alle, mit denen ich spreche, alle meine Freunde und Bekannte, gehören dazu. Aber wenn man sich die DVD-Verkäufe ansieht, ist das ein relativ geringer Kreis. Mehr als hunderttausend, wenn es ganz hoch kommt fünfhunderttausend Verkäufe von DVDs haben wir hierzulande nicht. Nach Fernsehmaßstäben, wo wir von mindestens drei, vier Millionen, fünf Millionen Zuschauern reden, ist das marginal. Noch ist ein richtiger Druck nicht da.

Andererseits sollten doch die gebührenfinanzierten Sender von sich aus zur Qualität verpflichtet sein.

OE: Es gibt da ein Legitimationsproblem, richtig. Wofür sind gebührenfinanzierte Systeme da? Sicherlich nicht nur dafür, um nach Quote und Marktanteil zu schielen. Sondern um Experimente zu wagen, um vielleicht Formate ins Fernsehen zu bringen, die die Privaten aus guten Gründen nicht machen wollen oder machen können. Jedenfalls werden die Sender, wenn ihnen das Publikum langfristig wegbricht, hoffentlich gezwungen sein, über diese Dinge anders nachzudenken.

ZDF-Programmdirektor Thomas Bellut sagte: "Ich gebe zu, wir könnten mehr versuchen, aber der Zuschauer reagiert extrem vorsichtig auf neue Erzählweisen, wie wir bei KDD erfahren haben."

OE: Wer auch immer der Zuschauer ist. Das habe ich natürlich auch gelesen, in dem Zusammenhang verkündet er ja auch, dass KDD eingestellt wird. Bei der Samuel-Finzi-Serie Flemming ist man sich noch nicht sicher, die fällt ja auch ein wenig aus dem Rahmen dieses 21.15-Uhr-Termins am Freitagabend, obwohl sie eigentlich ganz ordentlich gelaufen ist. Ganz sicher ist, das stammt aus derselben Verlautbarung, die Sie zitieren, ganz sicher ist, dass Bergwacht prolongiert wird. Und das sagt einiges aus über den Stand der Dinge, finde ich.

Der Regisseur Terry Gilliam sagte kürzlich in einem Interview: "Wenn man Menschen immer nur salzloses Essen gibt, wollen sie am Ende kein Salz mehr." Ist es so einfach?

OE: Das ist meine Vermutung, empirisch belegen kann ich die auch nicht. Ich kann nur aus meiner Anschauung sagen, dass es eine wunderbare Formulierung ist, die ich sofort unterschreiben würde. Wenn ich mit Dingen nicht konfrontiert werde, mich damit nicht auseinandersetzen kann oder muss, vermisse ich eben auch nichts. In den USA begann die Entwicklung von "Quality Television Series" ja schon in den 80er Jahren mit  "Twin Peaks" und anderem.

Aber den Durchbruch brachten doch die großen HBO-Serien zu Beginn des Jahrtausends,  "Die Sopranos" und  "Six Feet Under".

OE: Ich glaube, die Entwicklung begann in den größeren Networks, wo Versuche gestartet wurden, Ensembleshows zu erzählen, durchgängig zu erzählen. Bis dahin dominierten ja auch in den USA die Serien mit abgeschlossenen Folgen. Das nahm seinen Anfang in den 80er Jahren, und hat dann den großen Kick tatsächlich durch die Kabelkanäle bekommen, durch die Möglichkeit, für weniger Zuschauer anspruchsvolleres Fernsehen zu machen. Ganz einfach, weil durch die Abonnements das Geld vorhanden war, die Kosten gedeckt waren. Die Situation haben wir hier nicht.

Also liegt die Misere auch darin begründet, dass hierzulande das Bezahlfernsehen nicht funktioniert?

OE: Sicherlich auch daran. Und daran, dass viele in Warteposition am Schreibtisch scharren und sich fragen: Wie sieht das Fernsehen, wie sieht überhaupt Fernsehkonsum, Konsum von fiktionalen Formaten, in fünf oder zehn Jahren aus? Wird es so sein, dass man eine Serie wie KDD refinanzierbar macht für ein Publikum, das bereit ist, dafür einen Euro oder 1,50 Euro pro Folge zu bezahlen und sich das im zum Computer gewordenen Fernseher runterlädt? Wäre das so, wäre es wunderbar, dann wüsste ich bis zum Ende meiner Tage, was ich zu tun habe. Ich glaube aber nicht, dass das bei uns so funktioniert, unser Markt ist eben sehr viel kleiner als der amerikanische oder als der britische.

Welche amerikanischen oder britischen Formate begeistern Sie?

OE: Sie haben ja schon die Sopranos erwähnt. Was für mich ein Erweckungserlebnis war, das ist aber schon viele Jahre her, war ein britisches Format, "Cracker", also  "Für alle Fälle Fitz". Ich schätze auch viele andere britische Sachen, was damit zu tun hat, dass dort ein einziger Autor diese Serien schreibt, in der Regel zumindest. Dieser Gedanke der Mini-Series ist mir sympathisch, dort können Dinge vielleicht tatsächlich auserzählt werden, man erzählt 8 Folgen in einer Serie und dann erzählt man in der nächsten Saison wieder eine neue Serie. Und amerikanische Formate: Ganz sicher  "Emergency Room", obwohl das ja der Klassiker ist, "Six Feet Under" natürlich, und was ich sehr liebe im Moment, sind diese AMC-Serien, auch ein kleiner Sender, der vorher noch keine Fiktion gemacht hat,  "Mad Men", aber noch mehr  "Breaking Bad".

Ich dachte auch an  "The Wire".

OE: Habe ich nie richtig verfolgt, ich habe aber von den Schauspielern, vor allem von Barnaby Metschurat, oft gehört, dass ich die Serie ja gesehen haben müsse, weil sie dem KDD-Prinzip zumindest ähnlich ist.

Mal ehrlich - glauben Sie noch an einen deutschen Zuschauer, der sich zu ähnlicher Qualität erziehen lässt?

OE: Ich will niemanden erziehen, darum geht es überhaupt nicht. Ich weiß genau so wenig wie Sie oder die meisten anderen, wohin überhaupt der Weg führt. Ich bin auch ein wenig kulturpessimistisch geworden, das beginnt schon, wenn ich in die Buchhandlung gehe, die inzwischen ein Supermarkt ist und ich die Titel, die ich suche, dort nicht finde, obwohl das ein Riesenladen ist. Überhaupt wenn ich sehe, wer heutzutage alles Bücher schreibt, das ist ja nicht ein Phänomen, das nur das Fernsehen betrifft. Die eingängigen Themen, Bücher, Filme, dominieren einfach im Moment. Ich will niemanden erziehen. Ich würde nur gerne dem Zuschauer die Chance geben, andere Dinge sehen und möglicherweise darauf reagieren zu können. Das muss nicht KDD sein.

Sondern?

OE: Da gibt es sicher einfachere Formate.  "Türkisch für Anfänger" ist ein wunderbares Beispiel, was auch von der Presse geliebt und mit Preisen überhäuft, aber vom Zuschauer letzten Endes nicht richtig angenommen wurde. Ich hätte mir Türkisch für Anfänger, mehr noch als KDD, auch in der zehnten Staffel vorstellen können. Man muss zumindest Inseln bilden, und vielleicht findet sich dann ein Publikum, das nicht nur DVDs schaut, sondern hin und wieder den Fernseher einschaltet.

Woran arbeiten Sie momentan?

OE: Privat daran, eine eigene Firma an den Start zu bringen. Und ganz aktuell an einer neuen Serie fürs ZDF, über die ich aber noch nicht viel sagen darf und mag. Auch eine Krimiserie, für eine andere Redaktion allerdings.

Das Gespräch führte Patrick Wildermann.


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