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Michael Steinbrecher lädt Fachleute, Betroffene und Prominente ins alte E-Werk in Baden-Baden zum Gespräch ein. Thema dieser Ausgabe sind Geschwister und ihre Beziehung zueinander. Sie können erbitterte Rivalen oder engste Vertraute sein. Viele Geschwister-Beziehungen sind sehr innig, andere wiederum haben Sprengstoffpotenzial. Oft ist es ein ganzer Gefühls-Cocktail aus Liebe, Bewunderung, Verbundenheit, Eifersucht und manchmal auch Hass. Temperamente, Charaktere und Begabungen unter Geschwistern können völlig unterschiedlich sein. Was aber alle wollen: die Aufmerksamkeit von Mutter und Vater. Doch oft wird ein Kind von den Eltern als leuchtendes Vorbild hingestellt, während das andere um jedes Lob kämpfen muss. Und schon laufen die Probleme unter den Geschwistern zur Hochform auf. Aber Konkurrenzdenken muss nicht von Anfang an da sein: Nicht selten entwickelt sich erst im Erwachsenenalter das Bewusstsein, dass die Schwester viel besser bei den Männern ankommt als man selbst oder dass der Bruder das Dreifache verdient und zudem auch noch eine glückliche Ehe führt. Ob wir unter sieben Geschwistern oder als Einzelkind aufwachsen, können wir uns sowieso nicht aussuchen. Und ob wir die Erstgeborene, ein "Sandwichkind" oder das Nesthäkchen sind, liegt ebenfalls nicht in unserer Macht. Geschwister - wann sind sie bereichernd, wann belastend? Prägen Geschwister unser Leben stärker als uns bewusst ist? Wie kann ein zerrüttetes Geschwisterverhältnis wieder gekittet werden? Michael Steinbrecher diskutiert die verschiedenen Facetten dieser einzigartigen Beziehung mit seinen Gästen. Mit drei Geschwistern wuchs Sönke Möhring mitten im Ruhrgebiet als Nesthäkchen auf. Nach einigen beruflichen Experimenten folgte er den Spuren seines älteren Bruders, dem Schauspieler Wotan Wilke Möhring. Doch Neid oder gar Konkurrenz um die besseren Rollen kennen die Brüder nicht, ganz im Gegenteil: "Sein Name ist zwar präsenter und populärer, aber auch ich habe genug zu tun. Ich gönne ihm seinen Erfolg von Herzen. Rivalität gibt es unter uns nicht." Harmonie unter Geschwistern - das ist für Karin Unkrig ein Fremdwort. Bereits in der Kindheit war das Verhältnis zum Bruder und zur Schwester sehr angespannt: "Zu Hause herrschte bei uns ein Klima von Misstrauen und Distanz." Zur Eskalation kam es, als nach dem Tod des Vaters die Vermögensaufteilung anstand. Heute herrscht Funkstille. "Mir ging es um Gerechtigkeit und nicht um das Geld", so die Kommunikationsfachfrau. "Nicht ohne meinen Bruder" - das ist das Lebensmotto von Arnold und Oskar Weß. Die eineiigen Zwillinge teilen alles miteinander - auch die Leidenschaft für exzessive Fitnessstudio-Besuche und Schönheitseingriffe. Deshalb hatten die Zwillingsbrüder schnell ihren Ruf als "Botox-Boys" weg. Bedingungslose Bruderliebe geht ihnen über alles, denn beide sagen unisono: "Mein Bruder ist mir wichtiger als meine Frau und meine Kinder". Geschwisterverhältnis: Kompliziert! Bei Jasmine Meyer waren Eifersüchteleien und Streit mit der Schwester an der Tagesordnung. Als diese mit 14 Jahren an Leukämie erkrankte, verlagerte sich die Aufmerksamkeit auf das krebskranke Kind: "Meine Eltern haben zwar versucht, auch mir gerecht zu werden, aber das funktionierte nicht." Erst als der Schwester nur noch geringe Überlebenschancen eingeräumt wurden, drehte sich das Verhältnis zum Positiven. Über 60 Jahre lebte Herbert Schumann in dem Glauben, er sei ein Einzelkind. Bis ihn ein purer Zufall auf die Spur brachte: Irgendwo da draußen könnten noch Geschwister sein. Er forschte und stieß nach jahrelang vergeblicher Suche eines Tages auf neun Halbgeschwister. Eine unglaubliche Lebensbereicherung für den Rentner: "Ein Sechser im Lotto ist ein Dreck dagegen. Wir mögen uns alle und es ist wahnsinnig herzlich." Wie sehr uns Geschwister prägen, das ist das Forschungsgebiet von Dr. Dorothee Adam-Lauterbach. In ihrer Praxis erfährt sie täglich, wie viel Leid es verursachen kann, wenn es unter Geschwistern Krach gibt: "Konfliktreiche Geschwisterbeziehungen können das Gleichgewicht eines Menschen nachhaltig stören und sogar krank machen." Aber nach Ansicht der Psychotherapeutin muss Konkurrenz nicht prinzipiell schlecht sein, sondern kann förderlich für die Entwicklung sein.
(3sat)
Länge: ca. 90 min.