Die Geschichte wird erzählt in Form einer Passion: Der Protagonist Accattone trinkt, stiehlt, lügt und zwingt seine Freundin in die Prostitution. Pasolini verortet ihn in einer gesellschaftlichen Realität, die einem Dante'schen Inferno gleicht. Als eine Art Anti-Messias bildet Accattone das Negativ bürgerlicher Wert- und Moralvorstellungen und reflektiert zudem einen wuchernden Kapitalismus, der Identität ausschließlich über Arbeit und Funktion konstituiert und alle dysfunktionalen Elemente der Gesellschaft durch sein Raster fallen lässt. Mit "Accattone" knüpfte Johan Simons bei der Ruhrtriennale an seine Erfolgsproduktion "Sentimenti" aus dem Jahre 2002 an, die sich bereits mit der Historie des Ruhrgebiets auseinandersetzte und Verbindungen zwischen den Kunstproduktionen und der umgebenden Gesellschaft geschaffen hat. Durch das Zusammenwirken von Schauspiel, Film, Literatur und Chorkonzert sowie durch den Einbruch in Momente der Bildenden Kunst operiert das Projekt an den Grenzlinien bestehender Genres. Philippe Herreweghe, einer der wichtigsten Bach-Interpreten unserer Zeit, lässt sich nur sehr sporadisch dazu bewegen, Oper und Musiktheater zu dirigieren. Trotzdem zweifelte er keinen Moment lang, als Johan Simons ihn darum bat, mit seinem weltberühmten Collegium Vocale Gent verschiedene Chor- und Orchesterwerke von Bach für "Accattone" zu dirigieren. Die Kohlenmischanlage der Zeche Lohberg in Dinslaken wurde mit "Accattone" zum ersten Mal als Spielort der Ruhrtriennale in Dienst genommen. Durch die gewaltigen Dimensionen der halboffenen Halle - mit 210 Meter Länge und 65 Meter Breite - erschließt sich eine neue Art von Theaterform, dessen Grenzen kaum festzulegen sind.
(arte)
Länge: ca. 143 min.
Deutsche TV-Premiere: 26.06.2016 (arte)
Cast & Crew
- Regie: Hannes Rossacher
- Drehbuch: Pier Paolo Pasolini
- Musik: Johann Sebastian Bach, Philippe Herreweghe
- Szenenbild: Johan Suimons