Ein norwegischer Kurort sieht seinen durch den Bäderbetrieb erwirtschafteten Wohlstand von den Enthüllungen des Badearztes Dr. Stockmann bedroht. Der Mediziner, der zugleich Bruder des Stadtvogts ist, hat herausgefunden, dass das angebliche Heilwasser in Wirklichkeit ein mit schädlichen Mikroorganismen verseuchter Tümpel ist. Die von ihm dringend angemahnte Sanierung der Wasserleitung wäre kostspielig und würde den Bäderbetrieb zeitweilig zum Erliegen bringen, was den Verlust von Kurgästen zur Folge hätte. Dr. Stockmann wird zunächst von der Lokalpresse und der fortschrittlichen Bürgerschaft unterstützt, gerät jedoch durch seinen beharrlichen Kampf um die Wahrheit rasch ins Abseits. Thierry Roisin inszeniert Ibsens Stück "Ein Volksfeind" als bissige Komödie um den Konflikt von menschlichem Wahrheitsideal und Feigheit. Eine "normal gebaute Wahrheit" lebe "in der Regel 17 bis 18, höchstens 20 Jahre; selten länger", spricht Ibsen aus dem Mund seines Helden, der den Abstieg vom Volksfreund zum Volksfeind erlebt. Der handfeste Konflikt zwischen Volkswohl und wirtschaftlichem Kalkül, die korrupten Honoratioren und die manipulierte Öffentlichkeit machen Ibsens Stück hochaktuell. Die Zukunft der Stadt gründe, so Dr. Stockmann, "auf einem Schlammboden von Lüge und Betrug". An Ibsens vorher veröffentlichtem Gesellschaftsdrama "Gespenster" war moniert worden, es stochere in einer zum Himmel stinkenden Kloake herum. Ibsen nahm seine Kritiker beim Wort: "Ein Volksfeind" handelt von einer wirklichen Kloake, deren Gestank schleichend die ganze Stadt vergiftet - eine eindeutige Metapher, mit der der Autor auf seine Kritiker reagiert. Thierry Roisins Adaptation setzt sich mit der politischen, bürgerlichen und philosophischen Dimension des Ibsen-Stücks auseinander. Die minimalistische Inszenierung stellt den Text und sein komödiantisches Potenzial in den Mittelpunkt und arbeitet vor allem die Figur Stockmann heraus. Dabei kreist die Inszenierung immer wieder um die Frage: Ist Zivilcourage und Wahrheitsliebe bewunderungswürdig oder absurd, da die Mehrheit ohnehin das Recht bekommt?...
(arte)
Länge: ca. 83 min.
Original-Kinostart: 15.05.1931 (USA)
FSK 12
Cast & Crew
- Deutsche Sprecher: Wolfgang Draeger (Tom Powers), Emely Reuer (Gwen Allen), Wolfgang Müller (Matt Doyle), Heidi Treutler (Mamie), Sigmar Solbach (Mike Powers), Fred Maire (Samuel "Nails" Nathan), Alice Franz (Mutter Mrs. Powers), Wolfgang Hess (Paddy Ryan), Erich Ebert (Putty Nose), Horst Raspe (Homosexueller Schneider)
- Regie: William A. Wellman
- Drehbuch: Harvey F. Thew, Kubec Glasmon
- Buchvorlage: John Bright, Kubec Glasmon
- Produktion: Darryl F. Zanuck
- Kamera: Devereaux Jennings
- Schnitt: Edward M. McDermott, Edward Michael McDermott