Originalpremiere: 16.07.2016
Deutsche TV-Premiere: 16.07.2016 (arte)
"Der Traum von Olympia" zeichnet die Ereignisse vom Sommer 1936 nach. Im Mittelpunkt der Dokumentation steht Wolfgang Fürstner, der Kommandant des Olympischen Dorfes. Sein Traum von Olympia zerplatzt, weil der NS-Funktionär plötzlich als Jude eingestuft wird. Nach Abschluss der Spiele begeht Fürstner Selbstmord. Der Film erzählt die Geschehnisse konsequent aus der Perspektive der Protagonisten; er ist eine Reise durch ein Ereignis, das in Entstehung und Verlauf eine große Metapher für das Leben im Dritten Reich war. Auf der einen Seite stand ein Deutschland, das sich als neu empfand, das sich selbst und viele Besucher beeindruckte und blendete. Auf der anderen Seite standen diejenigen, die nicht dazu passten und nicht dazu gehören durften. Der "Führer" hat die Fassade des NS-Reichs auf Hochglanz polieren lassen. Zum ersten Mal in der Geschichte des Sports werden die Spiele von der Politik missbraucht. Die Nazi-Diktatur inszeniert sich unter dem Deckmantel des olympischen Gedankens. Seit den Spielen in Berlin weiß die Politik, welche Propaganda-Möglichkeiten ein sportliches Großereignis bietet. "Der Traum von Olympia" erzählt diese Geschichte konsequent aus der Sicht von zwei Menschen, die damals dabei waren und deren Traum sich in einen Alptraum verwandelte. Wolfgang Fürstner (gespielt von Simon Schwarz), Kommandant des Olympischen Dorfes, ist eigentlich ein überzeugter Anhänger des Systems. Doch im Zuge seines Einsatzes für Hitlers Olympia-Projekt fällt sein Weltbild schleichend in sich zusammen. Das System, das er so verehrt, richtet sich gegen ihn, weil herauskommt, dass Fürstner jüdische Vorfahren hat. Am Tag nach den Spielen schießt Fürstner sich am Ufer des Teichs im Olympischen Dorf eine Kugel in Kopf. Gretel Bergmann (gespielt von Sandra von Ruffin) gehört zu den besten Hochspringerinnen im Deutschen Reich. Obwohl die Jüdin ihren Sportverein aufgrund ihres Glaubens schon früh verlassen musste, wird ihr in Aussicht gestellt, in Berlin für Deutschland starten zu dürfen. Erst wenige Tage vor der Eröffnung erfährt Bergmann, dass man sie nicht aufstellen wird. Ihr Traum von einer Teilnahme zerplatzt von einer Minute auf die andere. Wolfgang Fürstner und Gretel Bergmann erzählen ihre persönlichen Geschichten von Olympia 1936. Durch ihre Augen sehen Zuschauerinnen und Zuschauer, was in Berlin damals wirklich geschehen ist und wie perfide die Nazis das Sportfest missbrauchten. Der Film macht die enorme Diskrepanz zwischen der perfekten Inszenierung und der erschreckenden Realität deutlich. Ein Zustand, der aktueller ist denn je. Ob in Peking 2008, in Sotchi 2014 oder bei der Fußball-WM in Katar 2022: auch heute noch werden Sport-Events als willkommene Propaganda-Bühne zweckentfremdet.
(rbb)