Deutsche TV-Premiere: 25.07.2009 (arte)
3.000 Kilometer östlich von Moskau liegt Khanty-Mansiysk, Hauptstadt einer Region, die fast so groß wie Deutschland ist. 60.000 Menschen leben hier. Unter ihren Füßen schlummern 60 Prozent des russischen Erdöls, sieben Prozent des weltweiten Vorkommens. Eine Ressource, die die Einwohner der Stadt und die Machthaber im fernen Moskau reich und stolz macht. Der Ort am Fluss Ob liegt mitten in der Eiswüste Sibiriens. Vor 15 Jahren war er kaum mehr als ein Dorf aus Holzhäusern und ist nun zu einer Wohlstandsoase geworden. Zwischen Juni 2007 und September 2008 reisten die Filmemacher fünfmal in diese ferne Welt, um zu beobachten, wie das schwarze Gold die Region und ihre Menschen verändert. Ärzte, Hebammen, Balletttänzer, Rentierzüchter und Ölarbeiter erzählen von ihren Zukunftsträumen und ihrem Alltag - ein Alltag, der im Rhythmus der Ölförderung schwingt und bestimmt ist vom Reichtum, den das Öl der Region beschert. Der lokale Gouverneur plant die Zukunft, etwas patriarchisch und großspurig, aber dennoch weitsichtig. Die Leute sollen kommen, weil es hier Arbeit gibt, und sie sollen sich wohl fühlen, sagt er, und investiert in Kultur, Wohnungsbau, Familienplanung, Sport und Bildung. In diesem unwirtlichen Niemandsland zeigt das Thermometer acht Monate im Jahr minus 25 Grad. Dennoch entsteht eine neue Zivilisation. So fanden in Khanty-Mansiysk die Schachweltmeisterschaft, ein EU-Russland-Gipfel und die große Feier zur Förderung der neunmilliardsten Tonne Erdöl statt. Auch hier wurde im März 2008 der russische Präsident gewählt; und auch hier bewegte die Menschen der Krieg im fernen Georgien. Und die Region weist als einzige in Zentralrussland eine positive Geburtenrate auf. Stolz nennt ein kleines Mädchen Khanty-Mansiysk "das zweite Moskau". Hier wird eine eigenartige Mischung aus Staatskapitalismus und sowjetischen Ritualen praktiziert. Und vielleicht ist Khanty-Mansiysk die Stadt, von der die Russen träumen, eine Metapher für die Zukunft des Landes - ob wir diese nun mögen oder nicht.
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