Weiterer Titel: Die zweite Überraschung der Liebe von Marivaux
Deutsche TV-Premiere: 09.03.2009 (arte)
Was Marivaux und Luc Bondy verbindet, ist die Lust am Reisen. Wobei keine Reisen in exotische Gefilde gemeint sind, sondern innere Reisen in die komplizierte Welt zwischenmenschlicher Beziehungen. "Die zweite Überraschung der Liebe" (La Seconde Surprise de l'Amour) wurde 1727 für die Comédie Française geschrieben und ist eines von Marivaux' ergreifendsten Stücken. Darin eröffnet die vor kurzem verwitwete Marquise ihrer entgeisterten Bediensteten: "Für mich gibt es keinen Trost mehr". Als hätte es das Schicksal so gewollt, hat auch der Chevalier vor kurzem seine geliebte Angelique verloren, die ins Kloster ging, um sich einer Zwangsheirat zu entziehen. Nie wird sie die Seine werden, und der Chevalier beschließt, sich für immer in seine "innere Provinz zurückzuziehen und ein Leben zu leben, das ihm beschieden ist". Aber die beiden verzweifelten Seelen lernen sich kennen, fassen Vertrauen zueinander und trösten sich gegenseitig. An genau diesem Punkt stellt sich die Kernfrage, die Marivaux besonders faszinierte: Wie entsteht Liebe? Wann wird aus Freundschaft "mehr"? Luc Bondys Interpretation des Stücks, eine Koproduktion der RuhrTriennale mit den Wiener Festwochen, dem Théâtre Vidy-Lausanne und dem Théâtre Nanterre-Amandiers, gehört zweifelsfrei zu den bemerkenswertesten Inszenierungen des Schweizer Regisseurs. Subtil und gleichzeitig klar, besticht sie durch ihren zeitlosen Charme und ihre Leichtigkeit. Die Darsteller - Pascal Bongard (Der Philosoph), Audrey Bonnet (Lisette), Clotilde Hesme (Die Marquise), Roger Jendly (Der Graf), Roch Leibovici (Lubin) und Micha Lescot (Der Chevalier) - glänzen durch ihr Feingefühl und lassen den Zuschauer jede einzelne Verzweigung einer Gefühlsverflechtung miterleben. Die Ästhetik ihrer Gestik und Körpersprache ist eine Hommage an Marivaux, der unbestritten zu den bedeutendsten französischen Autoren zählt. In den 80er Jahren hat Luc Bondy mit Marivaux' "Triumph der Liebe" schon einmal einen großen Erfolg gefeiert und diesen Autor für die deutschen Bühnen neu entdeckt.
(arte)