Francos Erbe - Spaniens geraubte Kinder

Nach der Entbindung teilte man der 14-jährigen Clara Alfonsa mit, ihr Sohn sei bei der Geburt gestorben. Doch in Wahrheit hat sie eine Tochter geboren, die sofort adoptiert wurde - von einer Mitarbeiterin der katholischen Einrichtung, von der sie vor der Geburt betreut worden war. 300.000 Menschen widerfuhr von den 40er- bis in die 90er-Jahre hinein dieses Schicksal. Was Franco als politische Säuberung begann, wurde zum organisierten Babyhandel, in den auch die katholische Kirche involviert war. Die 14-jährige Schwangere Clara Alfonsa suchte in den 1980er-Jahren Hilfe in einer katholischen Einrichtung, wo sie bis zur Entbindung betreut wurde. Vor der Geburt erhielt sie Beruhigungsmittel, als sie danach wach wurde, teilte man ihr mit, ihr Sohn sei bei der Geburt gestorben. Doch in Wahrheit hat sie eine Tochter geboren, die sofort adoptiert wurde - von der vermeintlichen Sozialarbeiterin, die Clara wochenlang betreut hatte. Die heute 42-jährige Alicia ist Opfer des gleichen Skandals: Sie wuchs in einer Adoptivfamilie auf, in der sie glücklich war, doch sie will wissen, wer ihre leibliche Mutter ist. Auch dem Anwalt Enrique J. Vila Torres, der Mütter wie Clara Alfonsa vor Gericht vertritt, wurde seine leibliche Mutter als Baby weggenommen. 300.000 Menschen erlebten seit dem Ende des Spanischen Bürgerkriegs bis in die 1990er-Jahre hinein dieses Schicksal. Was zu Francos Zeiten als "politische Säuberung" begann, wurde zum Geschäft, in das auch die katholische Kirche verwickelt war. Die Dokumentarfilmerin Inga Bremer spürte betroffene Eltern und Kinder auf und wagt einen schonungslosen Blick in die Mechanismen des organisierten Babyhandels. "Es ist schon verwunderlich, dass eine ganze Gesellschaft und vor allem die Regierung die eigene faschistische Vergangenheit derart tabuisiert, wie es in Spanien mit der Franco-Ära passiert", erklärte die Filmmacherin Inga Bremer. "Ich finde, es ist enorm wichtig, dass den Opfern dieses Regimes endlich eine Stimme gegeben wird." Die Aufarbeitung von gesamtgesellschaftlichen Traumata dauert meist genauso lang wie seine Auslöser. Im Falle der Franco-Zeit sind das 35 Jahre. Zwar lockern sich die Zungen langsam, doch die Verbrechen sind oft nicht mehr belegbar: Ein neues Gesetz etwa besagt, dass Krankenhausakten in Spanien nur noch 20 Jahre aufbewahrt werden müssen. Doch die Aufarbeitung der Vorgänge um die Ninos Robados, die geraubten Kinder, ist für die gesamte Gesellschaft wichtig, denn sie ist nur ein Teil des komplexen Prozesses der Vergangenheitsbewältigung, der in Spanien vor gut zehn Jahren begonnen hat. Dazu gehören etwa die Rehabilitation von politischen Opfern, die Aufklärung von Menschenrechtsverletzungen, die Suche nach Massengräbern von Vermissten und die Umbenennung der Straßen, die noch Namen aus der Franco-Diktatur tragen. "Francos Erbe" erhielt von der Deutschen Film- und Medienbewertung das Prädikat "besonders wertvoll". Das BR-Fernsehen zeigt die BR-Koproduktion "Francos Erbe" an diesem Abend als . "Beeindruckend vermittelt 'Francos Erbe' ein hoch brisantes und komplexes Thema und schafft Aufmerksamkeit für die unschuldigen Opfer eines diktatorischen Regimes." (Deutsche Film- und Medienbewertung)...