Wenn der Hirsch röhrt oder die Gämsen treiben, gibt es für echte Wildschützen kein Halten mehr: Gesetze und Strafen interessieren sie nicht, es ist eine Art Sucht, die sie antreibt. Was fasziniert in Zeiten des Jagdscheins noch immer an der Wilderei? Bayerische Wilderer - darunter das Wilderer-Original Felix alias "Fex" -, Dorfbewohner einer "Wilderer-Hochburg" und ein ehemaliger Richter und Staatsanwalt erklären das Phänomen. Anders als ihre oft legendären Vorgänger könnten Wilderer heute problemlos einen Jagdschein machen - aber das ist nicht das, was sie wollen: Sie treibt der Reiz des Verbotenen und die uralte Freude am Rebellieren gegen die Obrigkeit - auch wenn sie früher meist aus Hunger und Not geboren war. Selbst mit eigenem Jagdschein und Waffenkarte können es manche nicht lassen: Immer wieder brechen sie zu Schwarztouren in fremde Reviere auf, aber auch in wildreiche Regionen der Nachbarländer. In Bayern werden offiziell an die 200 Fälle pro Jahr registriert, die Dunkelziffer dürfte um einiges höher sein. Im oberbayerischen Dorf Schleching, nahe der Tiroler Grenze, ist die Tradition des Wilderns in den vergangenen Jahrzehnten zwar stark zurückgegangen, doch einschlägig Bewanderte wissen: "Das Handwerk wird wohl nie aussterben." Und Schleching wird den Ruf einer "Wilderer-Hochburg" nicht so schnell loswerden - auch wenn das vielen Einheimischen lieb wäre. Dafür hat zuletzt der Laubhuber Felix gesorgt, der von allen der "Fex" genannt wird, und in der Region als "König der Schwarzgeher" gilt. Sein Haus hängt voller Trophäen, vor allem sogenannte "Gams-Krickerl", aber auch mächtige Hirschgeweihe. Mit seinen gut 60 Jahren ist er zwar etwas ruhiger geworden, aber immer noch ein eindrucksvolles Mannsbild. Seine abenteuerlichen Geschichten sorgen an den Stammtischen ebenso für Bewunderung wie bei den Frauen: Bei ihnen haben Wilderer schon immer großen Erfolg gehabt. Zweimal wurde der "Fex" verurteilt. Danach ist er ruhiger geworden, hat den Jagdschein gemacht und dürfte jetzt legal schießen. Aber das interessiert ihn nicht - und so fährt er jetzt zur Großwildjagd ins Ausland. Und pflegt Kontakte zu "Kollegen" im ganzen Alpenraum, wie Horst Eberhöfer, Wilderkönig in Südtirol. Sie werden zusammen mit dem "Fex" durch den Film führen. Und die Stimmen des Gesetzes kommen zu Wort, wie der ehemalige Richter und der Staatsanwalt, die vor dem Landgericht Traunstein seinerzeit über den "Fex" verhandelt haben, sein Anwalt Wolfgang Gschwender, genannt "Alpen-Bossi", und der Spezialist für Wildereidelikte im Bayerischen Landeskriminalamt, Dieter Stiefel. Sie alle machen einen Unterschied: Zwischen "Möchtegerns", die meist keine Ahnung von der Jagd haben, keine Schonzeiten respektieren, das Wild hetzen, und oft halbtot liegen lassen, und den "echten" Wilderern vom alten Schlag, die den Wald und das Wild von Jugend an kennen und achten, die Tiere fachgerecht erlegen und das Wildbret trotz der Gefahr, erwischt zu werden, nach Hause schleppen, um es mit Genuss verspeisen zu können. Und die immer noch der alte Gruß verbindet: "Blut von der Gams - Hirn von der Geiß!"...
(3sat)
Länge: ca. 90 min.
Deutsche TV-Premiere: 24.06.2008 (Das Erste)
Cast & Crew
- Regie: Christian Gramstadt
- Drehbuch: Christian Gramstadt, Christian Weisenborn
- Produktion: Bayerischer Rundfunk, SWR, Nanuk-Film
- Kamera: Hans-Albrecht Lusznat, Christian Bormann, Matthias Pilmes, Ted Arg
- Schnitt: Wolfgang Grimmeisen