Bundesrepublik 1958: Ein junger Staatsanwalt wird auf den Fall eines ehemaligen KZ-Häftlings aufmerksam, der einen Aufseher anzeigen möchte. Doch niemand will sich mit dem Fall befassen. In Zeiten des Wiederaufbaus stört jeder Gedanke an vergangene Schuld. Aber der junge Jurist ist beharrlich und wendet sich an seinen Chef Fritz Bauer, den legendären Generalstaatsanwalt in Frankfurt. Und Bauer gibt tatsächlich grünes Licht für weitere Ermittlungen. 13 Jahre nach Kriegsende gibt es in der jungen Bundesrepublik nur einen Gedanken: Wiederaufbau. Im beginnenden Wirtschaftswunder stören daher alle Erinnerungen an den Holocaust und die Verbrechen der Nazi-Vergangenheit. Täter und Mitläufer werden lieber eingebunden als vor Gericht gebracht. Entsprechend verzweifelt sind die wenigen aus dem KZ nach Deutschland zurückgekehrten Opfer - man klagt nicht an, man schweigt. In dieser Situation wird der ehrgeizige junge Staatsanwalt Johann Radmann (Alexander Fehling) auf den Fall des überlebenden jüdischen KZ-Insassen Simon Kirsch (Johannes Krisch) aufmerksam, der durch einen Zufall in dem Lehrer Alois Schulz (Hartmut Volle) einen seiner früheren Peiniger in Auschwitz wiedererkannt hat. Doch seine Versuche, den Mann anzuzeigen, laufen ins Leere. Auch Oberstaatsanwalt Walter Friedberg (Robert Hunger-Bühler) in Frankfurt, Radmanns direkter Vorgesetzter, weigert sich, in dem Fall zu ermitteln. Nur Radmann, der sich bei seinen Verkehrsstrafsachen zu Tode langweilt, hat Interesse und kontaktiert auf eigene Faust den Journalisten Thomas Gnielka (André Szymanski), der sich sehr engagiert Kirschs Fall angenommen hatte. Durch Gnielkas Informationen und eigene Recherche gelingt es Radmann, den Lehrer als Mitglied der Waffen-SS in Auschwitz zu identifizieren, doch ohne Folgen: Schulz bleibt weiter im Schuldienst. Gnielka, der feststellen muss, dass Radmann, wie die meisten seiner Altersgenossen, so gut wie nichts über Auschwitz und die Verbrechen der Deutschen weiß, macht den Fall in einem Artikel publik. Damit weckt er die Aufmerksamkeit seines Generalstaatsanwalts Fritz Bauer, eines aus dem KZ ins Exil geflohenen, nach dem Krieg zurückgekehrten Juden, der seinen jungen Kollegen gegen den Widerstand aller übrigen Staatsanwälte dazu ermutigt, weiter gegen mutmaßliche NS-Verbrecher in Auschwitz zu ermitteln. Radmann, der inzwischen auf einer Party bei Gnielka die schöne Verkehrssünderin Marlene Wondrak (Friederike Becht) wiedergesehen und sich heftig in sie verliebt hat, merkt erst allmählich, dass er hier eine Aufgabe vor sich hat, die ihn verschlingen könnte, und sein Privatleben auf Eis legt. Doch je weiter sich Radmann in das Geflecht aus Verdrängung, Verleugnung und Lüge hineinarbeitet, desto mehr Feinde macht er sich: Das Labyrinth des Schweigens ist ein einsamer Ort. Doch alle Mühen und persönlichen Krisen lohnen sich, denn sie führen zu dem berühmten Frankfurter Auschwitz-Prozess, der ersten juristischen Aufarbeitung nationalsozialistischer Verbrechen durch ein Gericht der Bundesrepublik. Die Wirtschaftswunder-Jahre abseits von dicken Zigarren, Petticoat und Rock 'n' Roll: Der in Italien geborene Deutsch-Italiener Giulio Ricciarelli, ein vor allem in vielen deutschen TV-Produktionen ("Tatort", "SOKOs", "Alarm für Cobra 11") auftretender Schauspieler, inszenierte mit dieser ambitionierten Kinoproduktion seinen ersten Kinofilm - unterhaltende, sehr emotionale politische Aufklärung über die gar nicht so gute alte Zeit des Wiederaufbaus. Dem legendären Generalstaatsanwalt Fritz Bauer, der 1949 wieder in den deutschen Staatsdienst zurückgekehrt war, war es zu verdanken, dass 1952 ein deutsches Gericht das NS-System zum ersten Mal als "Unrechtsstaat" bezeichnete. Doch Bauers wichtigster Verdienst liegt in der Durchsetzung des Frankfurter Auschwitz-Prozesses von Dezember 1963 bis August 1965, der Initialzündung für die Auseinandersetzung Deutschlands mit seiner Nazi-Vergangenheit. Gespielt wird Fritz Bauer von der 2014 im Alter von 72 Jahren verstorbenen Schauspiel-Legende Gert Voss, der vor allem auch in seiner 46 Jahre andauernden künstlerischen Zusammenarbeit mit Claus Peymann seit 1986 am Burgtheater in Wien in allen großen Rollen auftrat. "Im Labyrinth des Schweigens" war Voss' letzte Kinorolle. "Im Labyrinth des Schweigens" ist keine nüchterne Dokumentation, sondern ein spannender und komplexer Justizthriller, der dicht an der historischen Realität bleibt. Er hat das Zeug dazu, wie einst "Schindler Liste", einem breiten Publikum ein wichtiges Stück deutscher Geschichte zu erschließen." (Heiko Maas in seiner Funktion als Bundesjustizminister). Das ZDF zeigt am 14.07.2019 um 0.45 Uhr die Dokumentation "Mörder unter uns" von Peter Hartl und Andrzej Klamt. Der Film zeichnet das Porträt eines aufrechten und angefeindeten Aufklärers über die NS-Verbrechen.
(ZDF)
Der 1965 im italienischen Mailand geborene Giulio Ricciarelli ist seit den 1990er Jahren als Schauspieler in Fernseh- wie Kinoproduktionen aus Deutschland tätig. Nach einigen Kurzfilm-Regiearbeiten realisierte er 2014 mit "Im Labyrinth des Schweigens" sein Kinodebüt. Der Film wurde auf zahlreiche Festivals eingeladen, lief weltweit in den Kinos und wurde national wie international ein großer Erfolg.
(arte)
Weiterer Titel: Labyrinth Of Lies
Länge: ca. 123 min.
Deutscher Kinostart: 06.11.2014
Deutsche TV-Premiere: 16.01.2016 (Sky Cinema)
FSK 12
Cast & Crew
- Regie: Giulio Ricciarelli
- Drehbuch: Elisabeth Bartel, Giulio Ricciarelli
- Produktion: Jakob Claussen, Sabine Lamby, Ulrike Putz
- Musik: Sebastian Pille, Niki Reiser
- Kamera: Martin Langer, Roman Osin
- Schnitt: Andrea Mertens