Der vereinsamte Witwer Abu Raed (Nadim Sawalha) arbeitet bei einer Reinigungsfirma auf dem Flughafen von Amman. Eigentlich schrubbt er hier nur die Fußböden, doch seit er eine im Müll gefundene Pilotenmütze trägt, halten die Kinder aus der Nachbarschaft ihn für einen Flugkapitän und hängen abends begeistert an seinen Lippen. Da Abu Raed sehr belesen ist, fällt es ihm nicht schwer, den Jungen und Mädchen abenteuerliche Geschichte vorzuflunkern. Auf den Schwingen seiner fabulierten Flugzeuge entfliehen sie der beklemmenden Enge ihres trostlosen Armenviertels. Dabei bleibt dem falschen Käpt'n nicht verborgen, dass seine Zuhörer von ihren Vätern am Schulbesuch gehindert, zu Kinderarbeit gezwungen und zum Teil geschlagen werden. Der Geschichtenerzähler beweist Zivilcourage und mischt sich ein. Doch seine Bemühungen erweisen sich als Sisyphusarbeit. Ein kleiner Junge, dem er die Süßigkeiten abkauft, die dieser auf der Straße feilbieten muss, bekommt vom Vater am nächsten Tag die doppelte Warenmenge aufgebrummt. Eine Verbündete gewinnt Abu Raed schließlich in der knapp 30-jährigen Pilotin Nour (Rana Sultan). Sie stammt zwar aus einer privilegierten Schicht, doch mit ihrer Opposition gegen die väterlichen Heiratspläne ist auch sie eine Außenseiterin. Gemeinsam können die beiden wenigstens Murad (Hussein Al-Sous) und dessen kleinen Bruder (Mohammad Quteishat) aus den Fängen ihres trinkenden, jähzornigen Vaters (Ghandi Saber) befreien. Aber Abu Raed bezahlt dafür einen hohen Preis. In seinem Regiedebüt gelingt Amin Matalqa eine bewegende Mischung zwischen einem Märchen aus Tausendundeiner Nacht und knallharter Sozialstudie. Dank der gelungenen Assoziation zwischen Kindern, Büchern, emanzipierten Frauen und dem Flughafen baut der Film eine symbolische "Luftbrücke" heraus aus jener arabischen Welt, die Matalqa von innen her analysiert. Der Geschichtenerzähler - großartig verkörpert von dem jordanischen Schauspieler Nadim Sawalha, der unter anderem in zwei James-Bond-Filmen zu sehen war - ist eine Kunstfigur, die der Zuschauer jedoch als solche akzeptiert. Für den aus einer Pilotenfamilie stammenden Regisseur ging ein Traum in Erfüllung: Als erster jordanischer Film startete "Käpt'n Abu Raed" weltweit in den Kinos.
(ARD)
Länge: ca. 95 min.
Deutscher Kinostart: 12.03.2009
Internationaler Kinostart: 11.12.2007
Original-Kinostart: 06.02.2008 (JOR)
Deutsche TV-Premiere: 06.01.2010 (Das Erste)
FSK 12
Cast & Crew
- Regie: Amin Matalqa
- Drehbuch: Amin Matalqa
- Produktion: Kenneth Kokin, Laith Majali, Amin Matalqa, David Pritchard, Nadine Toukan, Isam Salfiti, Aida Matalqa, Karima Ladjimi, Paper, Pen Films, GigaPix Studios
- Musik: Austin Wintory
- Kamera: Reinhart "Rayteam" Peschke
- Schnitt: Laith Majali
- Regieassistenz: Nicolas Duchemin Harvard, James Grayford, Mohammad Majali
- Ton: Urban Olsson, Faouzi Thabet, Selma Thabet, John Ross
- Spezialeffekte: Alastor Arnold