Rechtsanwalt Bonelli wähnt sich am Ziel seiner Träume, als er zum Bürgermeister ernannt wird. Allerdings droht die einflussreiche Position seine moralischen Prinzipien ins Wanken zu bringen. Einerseits hat er den Bürgern versprochen, endlich ein neues Altersheim bauen zu lassen, andererseits würde dieser Bau einem Großunternehmer die Aussicht von seiner Villa versperren. Dann verliebt sich sein Sohn auch noch unstandesgemäß in die Tochter eines Straßenfegers. Als das Paar nach Rom durchbrennt, überschlagen sich die Ereignisse. Rechtsanwalt Bonelli (Vittorio de Sica) ist nicht nur ein begnadeter Redenschwinger, sondern in seiner Position als Gemeinderatsmitglied seines Heimatortes Matorno auch ein unbeirrbarer Kämpfer für das Wohl des Volkes. Dann aber wird der gute Mann überraschend zum Bürgermeister ernannt und von einem Tag auf den anderen werden sein Idealismus und seine Integrität auf eine harte Probe gestellt. Eigentlich hatte Bonelli sich stets dafür eingesetzt, endlich den Neubau des im Krieg zerstörten Altersheims in Angriff zu nehmen. Nun aber sieht die Sache etwas komplizierter aus, denn das geplante Gebäude würde dem einflussreichen Wurstfabrikanten Paseroni (Gino Cervi) die Sicht aus seiner mondänen Villa versperren. Um Bonelli auf seine Seite zu ziehen, lädt Paseroni ihn ein, auf einem Fest bei ihm zu Hause eine große Rede zu halten, die sogar in Rundfunk und Fernsehen übertragen werden soll. Ein Angebot, für das der eitle Bonelli sein Versprechen gegenüber den Bürgern vergisst. Derweil geht es auf privater Ebene im Hause Bonelli drunter und drüber: Sohn Paolo (Geronimo Meynier) hat sich ausgerechnet in Maria (Carla Gravina), die Tochter eines Straßenfegers, verliebt. Der Bürgermeister sieht seinen Sohn jedoch bereits mit Paseronis Tochter Doddy (Alessandra Panaro) vor dem Traualtar und verbietet Paolo den Umgang mit Maria. In ihrer Verzweiflung beschließen die jungen Leute davonzulaufen. In Rom wollen sie ihrem Leben ein Ende setzen. Gerade als Bonelli in Paseronis Haus mit seiner sorgfältig einstudierten Rede beginnen will, erreicht ihn die Nachricht vom Verschwinden des Liebespaars. So nutzt er kurzentschlossen die landesweite Übertragung für einen Aufruf an die Bevölkerung, nach Maria und Paolo Ausschau zu halten. "Liebe und Geschwätz" ist eine amüsante Komödie, die politische Phrasendrescherei und bürgerliche Doppelmoral aufs Korn nimmt. In den Hauptrollen brillieren Vittorio de Sica und Gino Cervi. An Vittorio de Sica, den italienischen Schauspieler, Regisseur und Autor, der vor 40 Jahren am 13. November 1974 im Alter von 73 Jahren starb, will der MDR besonders erinnern. Seine Karriere hatte der am 7. Juli 1901 geborene Spross einer neapolitanischen Familie als Schauspieler begonnen. Bevor er mit fast 40 Jahren seinen ersten Film inszenierte, war er schon einer der populärsten Filmliebhaber, Bonvivants und Charakterkomiker des italienischen Kinos. Er gehörte zu den Mitbegründern des Neorealismus, der das europäische Kino entscheidend veränderte. "Ich habe auf der Universität der Armut studiert", sagte de Sica einmal, und die Lehren aus diesem Studium bestimmten sein Regiewerk der Frühzeit. Filme wie die Trilogie "Schuhputzer" (1946), "Fahrraddiebe" (1948), mit dem Oscar für den besten Auslandsfilm bedacht, und "Das Wunder von Mailand" (1950) sowie "Umberto D." (1951) entstanden. Große Publikumserfolge als Regisseur erzielte er auch nach dem Neorealismus u. a. mit der starbesetzten Komödie "Gestern, heute und morgen" (1964), die ihm den zweiten "Auslands"-Oscar einbrachte sowie mit der Komödie "Hochzeit auf Italienisch" oder dem Episodenfilm "Siebenmal lockt das Weib" (1966) mit Shirley McLaine. Zu einem späten Meisterwerk geriet ihm die Romanverfilmung "Der Garten der Finzi Contini", die u. a. 1972 mit dem Berliner "Goldenen Bären" und dem Oscar als bester ausländischer Film ausgezeichnet wurde.
(MDR)
Länge: ca. 90 min.
Deutscher Kinostart: 17.02.1959
Original-Kinostart: 31.01.1958 (I)
Cast & Crew
- Regie: Alessandro Blasetti
- Drehbuch: Isa Bartalini, Alessandro Blasetti, Cesare Zavattini
- Produktion: Attilio Riccio, Antonio Altoviti, Mara Blasetti, Electra Compagnia Cinematografica, La Société Française de Cinematographie, Producciones Cinematográficas Ariel
- Musik: Mario Nascimbene
- Kamera: Gabor Pogany
- Schnitt: José Antonio Rojo, Mario Serandrei
- Szenenbild: Arrigo Breschi, José María Moreno
- Regieassistenz: Isa Bartalini, Mara Blasetti, Agustín Navarro