Brechts Stück erlebte 1922 seine Uraufführung an den Münchner Kammerspielen. Fast 100 Jahre später lässt Christopher Rüping die Originalinszenierung in einer Art Reenactment wiederaufleben. Bis hin zu einzelnen Bewegungen, der Anzahl von Schritten oder bestimmten Betonungen lässt der Regisseur sein Ensemble das Original nachahmen - bis sich die strenge Form immer weiter auflöst, einzelne Figuren verschwimmen und das Bühnenbild zerstört wird. Vier Jahre nach dem Ersten Weltkrieg rechnet keiner mehr mit der Rückkehr des Artilleristen Andreas Kragler. Nur Anna, die ihn immer noch liebt, wartet auf ihn. Doch hindert sie das nicht daran, sich mit dem Kriegsgewinnler Murk einzulassen. Bald bleibt ihr kein anderer Ausweg, als ihren verschollenen Geliebten zu verraten: Sie ist schwanger von Murk, und ihre Eltern drängen auf die Verlobung. Als sich Anna endlich zu diesem Schritt durchringen kann, taucht Kragler wieder auf, kehrt heim aus der Kriegsgefangenschaft. Zu spät: Niemand will mehr etwas von ihm wissen, er stört die Idylle, die keine ist. In der Stadt tobt der Spartakusaufstand, dem sich Kragler, jede Hoffnung auf Glück verloren, anschließt. Bei Bertolt Brecht gesteht Anna schließlich ihre Schwangerschaft, Kragler verzeiht ihr und wendet sich von den Protesten ab, um sein privates Glück zu finden. Ein Ende, das Brecht später selbst als zu rührselig empfand. Christopher Rüping bietet deshalb eine zusätzliche Schlussvariante an: Kragler lässt Anna zurück und schließt sich den Revolutionären an. Er zieht in den Kampf, das Politische siegt über das Private.
(3sat)
Länge: ca. 115 min.
Deutsche TV-Premiere: 19.05.2018 (3sat)
Cast & Crew
- Regie: Andreas Morell
- Drehbuch: Katinka Deecke
- Musik: Christoph Hart, Damian Rebgetz, Paul Hankinson
- Szenenbild: Jonathan Mertz, Christopher Rüping
- Kostüme: Lene Schwind