Die "Interflug" war das Herzstück der zivilen Luftfahrt in der DDR. Sie war das Vorzeigeunternehmen eines Landes, in dem jeder reisen wollte - aber kaum einer reisen durfte. Wem es gelang, bei der "Interflug" zu arbeiten, der war Teil einer verschworenen Gemeinschaft, die das Verrückte und Normale der Fliegerei in den Zeiten des Kalten Krieges hautnah miterlebte. Ob mit westdeutschen Chartertouristen im Devisenflug nach Bulgarien oder mit 150 Fischern von Montevideo zurück in die DDR; ob im Solidaritätsflug nach Hanoi mit Fahrrädern für Ho Chi Minhs Kämpfer oder mit achtzigtausend Küken von Budapest nach Syrien. Die "Interflug" war ein weit verzweigtes Unternehmen, im Auftrag des Sozialismus unterwegs und für ihre Mitarbeiter oft ein Stück Heimat. Die Piloten, Bordingenieure, Navigatoren und Stewardessen haben das Gesicht der "Interflug" im In- und Ausland über Jahre geprägt. Sie erzählen von den Sonnen- und Schattenseiten ihres Traumberufes, erzählen über die "Interflugfamilie", in der jeder jeden kennt, in der man sich absolut auf den anderen verlassen konnte und musste. Auch berichten sie von den Privilegien und den Kuriositäten des Fliegeralltags zwischen Havanna und Heringsdorf. Sie berichten vom Überwachungssystem. Sie ahnten, dass auf jedem Auslandsflug immer ein Informeller Mitarbeiter des Ministeriums für Staatssicherheit an Bord war. Wer diese Mitarbeiter waren, erfuhren viele Interflieger erst nach dem Mauerfall aus ihrer Akte. Der Film blickt auch auf verschwiegene Seiten der Fliegerei in der DDR. Auf die Zeit der Gründung, als die "Interflug" noch "Deutsche Lufthansa Ost" hieß. Deren erste Piloten rekrutieren sich auf Wunsch der sowjetischen Berater allesamt aus der Reichsluftwaffe. Oder auf die geheimen Spezialfrachtaufträge für den Sieg des Sozialismus in Nicaragua und Angola. Neben den ehemaligen Mitarbeitern kommen auch zwei Quereinsteiger zu Wort: Die Schauspieler Walther Plathe und Marijam Agischewa. Beide waren Interflieger auf Zeit - in der populären DDR-Serie "Treffpunkt Airport".
(rbb)
Länge: ca. 45 min.
Deutsche TV-Premiere: 31.10.2005 (MDR)
gezeigt bei: MDR Dok (D, 2018)
Cast & Crew
- Drehbuch: Sven Ihden, Roland May