Der weltberühmte Komponist Wolfgang Rihm hat über 500 Werke verfasst und er schreibt immer weiter. 2017 ist er zurückgekehrt nach einer langen Phase der Krankheit. Bis zu diesem Frühjahr bestand die Hoffnung, dass sie vorerst besiegt ist, doch dann lautete die Diagnose erneut: Krebs. Wolfgang Rihm lässt die Autoren Victor Grandits und Magdalena Adugna in dieser Phase ganz nah an sich heran. Daraus entsteht dieser Film. Der dramatische Abschnitt der letzten Monate im Leben von Wolfgang Rihm bestimmt die Dramaturgie dieser Dreharbeiten. Ein Zeitdokument eines der bedeutendsten Komponisten der Gegenwart. Rihm führt an seine Lieblingsplätze rund um Karlsruhe, auch gewährt er Eintritt in seinen Tempel des Schaffens - die Rihmsche Wohnung, die eher wie ein Archiv anmutet: voll mit Büchern, Platten, Noten und Kunstwerken; der private Rückzugsort. Hier wird gelebt und gearbeitet, hier entstehen die großen, gewaltigen Opern und Orchesterstücke, die kleinen, feinen solistischen Werke, die Kammer- und die Chormusik. Langsame, cineastische Fahrten durch die Wohnung dokumentieren diesen intimen Ort, der das Zuhause von Wolfgang Rihm ist. Sein Lieblingsort, ganz privat, ganz pur. Es entsteht stundenlanges Filmmaterial mit faszinierenden und auch niederschmetternden Gesprächen, in denen Wolfgang Rihm über die Magie der Musik und sein Leben, aber auch über seine Krankheit und den Tod spricht. "Natürlich habe ich Angst vorm Sterben. Das sagt jeder Mensch, weil's Menschenangst ist. Das ist doch klar. Man weiß zwar, dass es möglich ist, sich zu ergeben und sich fallen zu lassen. Aber man weiß nicht genau, ob es einem gelingt. Man weiß, es geht... aber... geht's dann??" Ein weiterer Höhepunkt des Filmes ist Wolfgang Rihms gesundheitlich riskante Reise zum renommierten Lucerne Festival. In einer Phase, in der Menschen mit seiner Diagnose ihr Leben grundlegend ändern, tut er das, was schon immer sein Lebensinhalt und seine Erfüllung ist: das Gegenteil. Er schreibt Musik und er unterrichtet. Seine Ehefrau Verena Rihm, die Tag und Nacht an seine Seite ist, bestätigt: "Das ist das Einzige, was ihn am Leben hält." Das vierwöchige Festival ist ein Kraftakt. Der Unterricht mit den jungen Komponisten, die Anwesenheit in den Proben, diverse gesellschaftliche Verpflichtungen, nehmen ihn vollständig in Beschlag und fordern seine ganze Energie. Dazu seine Frau Verena Rihm: "Wenn er tagsüber so in der Öffentlichkeit unterwegs ist, merkt man ihm das nicht an, aber wehe, wenn er dann zurück ist, mit mir alleine ist, dann bricht er zusammen - aber er gibt nie auf!" Der Dokumentarfilm zeigt neben bedrückenden Momenten, in denen die Kraft ihn zu verlassen scheint, auch Momente, in denen er von einer Jugendlichkeit erfasst wird, seine Augen zu strahlen beginnen, immer dann, wenn er im Konzertsaal sitzt und seine Werke im Rahmen des Lucerne Festival hört, unter der Leitung von Riccardo Chailly oder Sir Benjamin. Auf dem renommierten Lucerne Festival ist er ein Star - der Leuchtturm der zeitgenössischen Musik. Und obwohl Wolfgang Rihm nichts mehr liebt als die Privatheit und Abgeschiedenheit, so sieht man doch, dass er sich auf dem Festival und im wunderschönen Luzern, wo schon Wagner, Nitsche, Rachmaninov weilten, auch zu Hause fühlt. Abschließend bringt seine Frau es auf den Punkt: "Wir leben eigentlich in den Tag hinein. Wenn man anfängt zu denken, wie lange geht es noch, so kann man gar nicht denken. Sondern: heute ist gut und morgen wird's bestimmt auch gut sein."...
(SWR)
Länge: ca. 60 min.
Deutsche TV-Premiere: 23.01.2020 (SWR Fernsehen)
gezeigt bei: BR-Klassik (D, 2009)
Cast & Crew
- Regie: Victor Grandits, Magdalena Adugna
- Drehbuch: Victor Grandits, Magdalena Adugna
- Produktion: Willi Lanzinger, Tosca Media
- Produktionsauftrag: SWR
- Kamera: Raphael Hustedt
- Schnitt: Moritz Krause
- Ton: Alexandros Konstantaras, Maximilian Kotzur
- Redaktion: Harald Letfuß