Carole Matthieu ist Ärztin bei der Callcenter-Firma Sogefam. Sie hat sich ihrer Arbeit dort vollkommen verschrieben und kümmert sich um die durch fragwürdige Führungsmethoden schikanierten Mitarbeiter sogar weit über die zeitlichen Vorgaben hinaus. Matthieus Familienleben beschränkt sich inzwischen auf sporadische, kurze Besuche ihrer Tochter Anne. Eines Abends erhält die Ärztin Besuch von einem Patienten, den sie sehr gut kennt: Vincent Fournier. Fournier war in der Vergangenheit einer der Callcenter Manager, unternahm bereits zwei Selbstmordversuche und steht kurz vor einem Burnout. Er versteht nicht, wie es so weit kommen konnte: Ist er nur ein Opfer der aktuellen Techniken zur Leistungssteigerung? Carole weiß nicht, wie sie Vincent noch helfen kann. Sie hat schon alles versucht: Medikamente, Krankschreibungen und lange Sitzungen, jedoch ohne Erfolg. Plötzlich holt Fournier einen Revolver heraus. In der emotional aufgeheizten Situation versucht sie die Waffe an sich nehmen als sich ein Schuss löst. Die Ärztin verlässt fluchtartig das Bürogelände. Zuvor hatte keiner ihrer vielen Krankenberichte und Gutachten die körperliche und geistige Gesundheit ihrer Patienten verbessert, doch der Tod von Vincent Fournier könnte ein unübersehbares Zeichen für die ausweglose und verzweifelte Situation der Angestellten unter der strengen Führung des Unternehmens werden. Die Ärztin hofft, das erste Mal etwas bewirken zu können. Doch sie braucht Verbündete um weitere Fälle von verbaler Aggression der Vorgesetzten und von Burn-Out zusammenzutragen. Die Indizien am Tatort sprechen jedoch gegen einen Selbstmord von Vincent Fournier. Als die Ermittler von einem Mord ausgehen gerät Carole ins Visier von Kommissar Revel. Ein Wettlauf gegen die Zeit beginnt ...
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Nach dem realistischen und schockierenden Roman "Les visages écrasés" von Marin Ledun entfaltet Regisseur Louis-Julien Petit die Geschichte von Carole Matthieu mit einer Nüchternheit und Kraft, die eine besonders bedrückende Atmosphäre kreiert. Isabelle Adjani spielt ihre Rolle als Carole Matthieu mit einer beeindruckender Hingabe und Feinfühligkeit, die sie bereits in ihrer Rolle als Königin Margot in "Die Bartholomäusnacht" (1994) unter Beweis stellen konnte, für die sie 1995 mit einem César als beste Schauspielerin ausgezeichnet wurde. "Carole Matthieu" ist Louis-Julien Petits zweiter Langfilm nach seinem Debüt "Discount" (2014). Als Regieassistent sammelte er bei großen Hollywoodproduktionen wie Christopher Nolans "Inception" (2010) oder Quentin Tarantinos "Inglorious Basterds" (2009) Erfahrung. In Frankreich hat "Carole Matthieu" eine leicht zu entschlüsselnde Aktualität. Sieben Jahre nach einer Serie von 35 Selbstmorden bei dem größten Telekommunikationskonzern France Telecom hat die Staatsanwaltschaft einen Prozess gegen das Unternehmen und den ehemaligen Chef gefordert wegen systematischen "moralischen Drucks" auf die Angestellten.
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Länge: ca. 86 min.
Deutsche TV-Premiere: 18.11.2016 (arte)
Cast & Crew
- Regie: Louis-Julien Petit
- Drehbuch: Louis-Julien Petit, Fanny Burdino, Samuel Doux
- Produktion: Liza Benguigui, Marc Ladreit de Lacharrière, Philippe Dupuis-Mendel, Elemiah, Luminescence Film, Pictanovo Nord-Pas-de-Calais, TV5 Monde, Région Nord-Pas-de-Calais
- Produktionsfirma: ARTE France, CNC Centre National de la Cinématographie
- Musik: Laurent Perez Del Mar
- Kamera: David Chambille
- Schnitt: Antoine Vareille, Nathan Delannoy
- Regieassistenz: David Biet, Bastien Blum, Hugo Marchand, Nicolas Turek
- Ton: Andréa Lecoeur, Arnold Zeilig