Originalpremiere: 1980
18.12.1981
FSK 12
Eine Gruppe von Juden kann während des Zweiten Weltkriegs in die Schweiz fliehen. Aber die Behörden dort verweigern ihnen das Asyl. Markus Imhoof schildert die Geschichte der hilflosen Schicksalsgemeinschaft auf Grundlage des Sachbuchs "Das Boot ist voll" des Berner Schriftstellers Alfred A. Häsler aus dem Jahr 1967. Kriegssommer 1942: Aus einem deutschen Transportzug, der durch die Schweiz fährt, kann eine kleine Gruppe fliehen. Angeführt wird sie von Judith Krüger, deren Mann Hannes als internierter Flüchtling schon in der Schweiz lebt, und vom desertierten Soldaten Karl Schneider. Mit dabei sind außerdem Lazar Opstrowskij, ein alter Jude aus Wien, Judiths junger Bruder Olaf Landau sowie zwei Kinder, das Mädchen Gitty und der französischsprachige Maurice. Auf dem Gasthof der Familie Flückiger suchen sie Unterschlupf. Bäuerin Anna ist wenig begeistert, ihr Mann Franz lässt gar den Dorfpolizisten rufen. Erst einmal werden die Flüchtlinge im Waschhäuschen untergebracht und versteckt. Anna sucht beim Dorfpfarrer Rat. Dort vernimmt sie, dass Deserteure sowie Eltern mit Kindern wohl nicht ausgewiesen würden. Das Mitgefühl obsiegt. Gewaltsam wird aus dem verängstigten Trüppchen eine Familie mit Großvater und Kindern geformt. Doch Landjäger Bigler waltet buchstabentreu seines Amtes. Neben den Paragrafen hat die Mitmenschlichkeit keine Chance. Mit seinem Sachbuch "Das Boot ist voll" hatte der Berner Schriftsteller Alfred A. Häsler 1967 für rege und notwendige Diskussionen gesorgt. Sein kritischer Blick auf die Schweiz während des Zweiten Weltkriegs, insbesondere auf ihre offizielle Flüchtlingspolitik, bewegte die Gemüter. 1980 nahm Regisseur Markus Imhoof ("More Than Honey") Titel und Thema des Buchs als Grundlage für einen Spielfilm, der ebenfalls viel Anlass zu reden gab. Die Rolle der Schweiz im Zweiten Weltkrieg und deren Haltung gegenüber jüdischen Verfolgten wurde so bereits 15 Jahre vor der Raubgold-Kontroverse, als die Schweizer Banken zur Herausgabe sogenannt herrenloser Vermögen aus der Zeit des Zweiten Weltkriegs faktisch gezwungen wurden, zum Thema. Auch heute, angesichts der Flüchtlingskrise, bleibt Imhoofs Film "Das Boot ist voll" brandaktuell und plädiert eindrucksvoll für eine großzügige Aufnahmepolitik, eine Haltung, die damals wie auch heute einen schweren Stand hat(te).
(3sat)
SRF 1 zeigt diesen Film «Zum 75. Geburtstag von Markus Imhoof».
(SRF)