Ernst A. Heiniger prägte die Schweizer Fotografie der 1930er-Jahre maßgeblich. Er gewann zwei Oscars und tüftelte an einer neuen Art des Sehens: dem 360°-Film. Und doch blieb er fast unbekannt. Der Film erzählt ein beinahe in Vergessenheit geratenes Kapitel Schweizer Film- und Fotografie-Geschichte. Und er geht der Frage nach, warum einige Menschen im kulturellen Gedächtnis bleiben, andere wiederum daraus verschwinden. Virtual Reality, 360°-Optik und Rundumblick: So komplett wie möglich in unbekannten Welten zu versinken, ist heute Trend. Doch wirklich neu ist das alles nicht. Bei Recherchen zu 360°-Filmen stieß Journalistin Patricia Banzer auf einen Mann, der schon im letzten Jahrtausend für die "Expo 64" im Kreis filmte: Ernst A. Heiniger. Der Traum der totalen Immersion des Zuschauers ging ihm nicht mehr aus dem Kopf. Den Rest seines Lebens tüftelte der gebürtige Thurgauer an einem neuen 360°-System namens "Swissorama", das die Sehgewohnheiten revolutionieren sollte. Es kam ihm jedoch einiges in den Weg: der Zeitgeist, sein Eigensinn, sein Alter. Doch Heiniger war weit mehr als nur starrköpfiger 360°-Innovator. Auf der Suche nach seinen Spuren landet das Filmteam in einem Kellerverlies in Texas. Von hier kam Heiningers kreatives Erbe erst 20 Jahre nach seinem Tod zur Fotostiftung Schweiz in Winterthur. Dort wurde es digitalisiert und zeigt nun Ernst A. Heiniger als Vertreter des Neuen Sehens, der mit neuen Perspektiven und ausgezeichneter Detailtreue verblüfft. Das vielseitige Werk gibt tiefe Einblicke in das Schaffen des Mannes, der sich nach der Flucht vom Bauernhof seiner Kindheit und nach seinem Lehrabbruch alles selbst beigebracht hatte. In Gesprächen mit ehemaligen Mitarbeitern, Disney-Vertretern und seiner Nichte in Texas zeigt sich: Heiniger war Weltmeister der Selbstvermarktung, Mann des guten Geschmacks und Eigenbrötler. Nur seine Frau Jean stand ihm nahe. Mit ihr bereiste er die ganze Welt, nicht zuletzt dank seines guten Freundes Walt Disney. Für ihn drehte er in den glamourösen 1950er-Jahren diverse dokumentarische Filme und gewann zwei Oscars. Von diesen Filmen fehlte zunächst jedoch jede Spur.
(3sat)
Länge: ca. 45 min.
Deutsche TV-Premiere: 12.01.2020 (3sat)
Cast & Crew
- Drehbuch: Patricia Banzer