Weiterer Titel: The Student
Originalpremiere: 2016
19.01.2017
Deutsche TV-Premiere: 07.11.2018 (arte)
Veniamin ist Schüler an einer aufgeklärten, staatlichen Schule. Eines Tages weigert er sich, am Schwimmunterricht teilzunehmen, und zwar nicht, wie seine Mutter vermutet, aus pubertärer Scheu gegenüber seinen knapp bekleideten Mitschülerinnen, sondern weil der Anblick seine religiösen Gefühle verletzt. Veniamin ist zum Christentum konvertiert. Was zunächst wie die Marotte eines Jugendlichen erscheint, entwickelt sich zum religiösen Kreuzzug. Mit der Bibel als seinem alleinigen Leitfaden zieht Veniamin gegen Homosexualität, geschiedene Frauen und die Evolutionstheorie zu Felde. So heftig und eloquent ist Veniamins Protest gegen die aufgeklärte Haltung der Schule, dass die Lehrerschaft bald ins Wanken gerät. Die Mädchen müssen in Badeanzügen schwimmen, und das Kondom wird aus dem Biologie-Unterricht verbannt. Für Veniamin reicht das allerdings noch lange nicht: Ein wahrer Jünger Jesu lässt seine Feinde nicht ungeschoren davonkommen."Der die Zeichen liest" ist eine Warnung vor messianischen Propheten. Die ernüchternde Botschaft des Films zielt aber nicht nur auf religiösen Fundamentalismus ab. Es geht genereller um Fanatismus, und wie er freiheitlich-liberale Systeme untergraben kann. Und es geht um die Frage, was Schule als Hort der Erziehung und Bildung zu leisten im Stande ist.
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Der Film des russischen Independent-Regisseurs Kirill Serebrennikov fußt auf dem Theaterstück "Märtyrer" des deutschen Dramatikers Marius von Mayenburg (Jahrgang 1972). "Die wortgetreue, visuell außergewöhnliche Adaption eines Theaterstücks streift psychologische oder soziale Deutungen der religiösen Radikalisierung nur am Rand. Vielmehr fokussiert die Inszenierung religionskritisch auf der Bibel als Quelle von Aggression und Hass, wobei die antisemitische Zuspitzung auch als Bankrott-Erklärung der liberalen Aufklärung gelesen werden kann." (Filmdienst).
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