Weiterer Titel: Frau fährt, Mann schläft - Zeitreisen: Die Gegenwart
04.11.2004
FSK 12
In einer Fernseh-Talkshow treten die Bogenbauers als "glücklichste Familie Deutschlands" auf. Doch hinter der bürgerlichen Fassade kriselt es - in der Ehe und im Leben der Kinder. Seit Jahren schon schlafen die Eltern in getrennten Betten. Mutter Sue, eine patente Zahnärztin, hat sich in einen anderen Mann verliebt. Für sie ist es das erste Mal, doch ihr Ehemann Anton, ein alternder Philosophieprofessor, ist ein routinierter Fremdgänger. Er hat eine seiner Studentinnen geschwängert, und nebenbei geht er mit der hübschen Sirtali, der Haushälterin der Bogenbauers, ins Bett. Der Kinder wegen, die allmählich flügge werden und "näher am Leben" sein wollen, verlässt die Familie ihr Haus am Stadtrand und zieht in eine Berliner Stadtwohnung. Vorübergehend wirkt der Ortswechsel belebend auf das Familienleben. Eine der Töchter verliebt sich, die andere bekommt ihr erstes Rollenangebot für einen Film, und Sohn Martin hat gute Aussichten, Fußballprofi zu werden. Doch als Sohn Thomas, der Sensibelste der Familie, sich unglücklich verliebt und überraschend an einer Hirnblutung stirbt, lassen sich die vielen Probleme nicht mehr unter der Decke halten. Sue glaubt, dass ihre verlogene Ehe schuld am Tod des Sohnes ist, und erleidet bei der Beerdigung einen Nervenzusammenbruch. Gegen ihren Willen weist Anton seine Frau in eine Nervenklinik ein. Sue empfindet dies als Verrat. Um endlich reinen Tisch zu machen, fährt sie nach ihrer Entlassung mit ihrem Mann noch einmal nach Italien. Sie sitzt am Steuer, er nickt ein. Diese psychologisch nuancierten Szenen einer Ehe bilden nach "Rot und Blau" den zweiten Teil von Rudolf Thomes Trilogie "Zeitreisen". Nach der Thematisierung der Vergangenheit folgt der Blick auf die Gegenwart - einmal mehr erweist Thome sich dabei als unaufgeregter Chronist des bürgerlichen Alltags. Neben Karl Kranzkowski als selbstverliebt posierendem Philosophieprofessor überzeugt Schauspiel-Ikone Hannelore Elsner, die ihren eitlen Mann demontiert, ohne ihn zu demütigen. Der Filmtitel ist eine Anspielung an eine Einstellung in Roberto Rossellinis Ehedrama "Liebe ist stärker" ("Viaggio in Italia") von 1953, in dem Ingrid Bergman am Steuer sitzt und ihr Mann George Sanders neben ihr eingenickt ist: "Frau fährt, Mann schläft".
(3sat)
Film einer Reihe:
- Rot und Blau (D, 2002)
- Frau fährt, Mann schläft (D, 2004)
- Rauchzeichen (D, 2006)