Dass Robert Schumanns Oper «Genoveva» aller Kritikerschelte zum Trotz das Zeug zum Klassiker hat, bewies ihre glanzvolle Wiederbelebung am Opernhaus Zürich in der Spielzeit 2008. Ganz den skeptischen Reaktionen entgegen, die noch die Uraufführung im Jahr 1850 nach sich zog, zeigte sich Presse und Publikum nun wahrhaft hingerissen von Schumanns romantischer Oper und der konsequenten künstlerischen Umsetzung durch das Team um Regisseur Martin Kusej und Dirigent Nikolaus Harnoncourt. Kusej verlegt die mittelalterliche Schauerlegende um Genoveva von Brabant in eine ebenso schlichte wie ausdrucksstarke Bilderwelt: Das klinisch weiss getünchte Gemäuer einer geschlossenen Anstalt liefert den Hintergrund dieser heillosen Geschichte um unerfüllte Sehnsucht, Verleumdung und unterdrückte Liebe - ein Ort des Wahnsinns und der Wunden, in dem der Regisseur zugleich auch das Psychogramm der zerrissenen Seele Robert Schumanns entwirft. Auf höheren Befehl zieht Siegfried in den Krieg und lässt seine schöne junge Frau Genoveva im Schloss zurück. Er vertraut sie der Obhut des jungen Ritters Golo an. Behaftet mit dem Makel der unehelichen Geburt ist ihm die Teilnahme am Feldzug verwehrt. Golo liebt Genoveva heimlich und leidenschaftlich, und als sie nach Siegfrieds Aufbruch vom Abschiedsschmerz überwältigt in Ohnmacht sinkt, küsst er sie. Margaretha beobachtet die Szene, und als sich Golo selbst für seine Tat anklagt, bestärkt sie ihn darin, dass Genoveva vielmehr ihm als Siegfried, der für einen Befehl die Lieben verraten hat, bestimmt sei. Es gelingt ihr, sein Verlangen so sehr zu schüren, dass er sie bittet, ihm bei der Eroberung Genovevas zu helfen. Diese beklagt, verängstigt vom Lärmen der Dienerschar, die Abwesenheit Siegfrieds. Golo sucht sie in ihrem Schlafgemach auf unter dem Vorwand, ihr von einem bedeutenden Sieg ihres Mannes Nachricht zu geben. Vor Freude bittet Genoveva ihn, mit ihr gemeinsam zu singen. Selbstvergessen im Einklang des Liedes verliert Golo die Beherrschung und gesteht ihr seine Liebe. Als er sie trotz ihrer entsetzten Abwehr weiter bedrängt, beleidigt sie ihn mit den Worten «ehrloser Bastard». Ins Mark getroffen schlägt Golos Liebe in Hass um. Als er von Drago erfährt, dass die Dienerschaft Genoveva verdächtigt, eine Liebschaft mit dem Hauskaplan zu haben, fordert er ihn auf, sich im Schlafzimmer Genovevas zu verstecken, um sich von der Richtigkeit dieser Anklage zu überzeugen. Anschliessend alarmiert er die Bediensteten, die in Genovevas Zimmer eindringen, Drago entdecken und als vermeintlichen Liebhaber ermorden. Genoveva wird auf Golos Befehl eingesperrt. Siegfried liegt verwundet in Strassburg; Margaretha hat sich in der Absicht, ihn zu vergiften, als Krankenpflegerin eingeschlichen, doch ihre Anschläge haben nichts bewirkt. Um ihn noch länger von Genoveva fernzuhalten, erzählt sie ihm von einem Zauberspiegel, in dem man erblicken könne, was man sich wünsche. Doch Siegfried treibt die Sehnsucht nach Genoveva vom Krankenlager. Da erscheint Golo mit einem gefälschten Brief, der von Genovevas Ehebruch mit Drago Zeugnis gibt. Ausser sich befiehlt Siegfried Golo sogleich, Genoveva zu töten. Dann erinnert er sich des Zauberspiegels und beschliesst, sich mit eigenen Augen von der Untreue seiner Frau zu überzeugen. Mit Golo, der sich die bittersten Vorwürfe macht, als ihm die Konsequenzen seines Handelns bewusst werden, sucht er Margaretha auf. Diese weiss aufs Neue, Golos Begehren anzustacheln. Im Spiegel sieht Siegfried drei Bilder aus der Zeit seiner Abwesenheit, in denen er eine zunehmende Vertrautheit zwischen Genoveva und Drago zu erkennen meint. Rasend vor Wut zertrümmert er den Spiegel. Dragos Geist erscheint und prophezeit Margaretha den Feuertod, wenn sie Siegfried nicht die Wahrheit enthüllt. Golo bringt Genoveva - wie ihm von Siegfried befohlen - dessen Ring und Schwert, mit dem er sie töten soll. Noch einmal versucht er, Genovevas Liebe zu erringen, doch diese will lieber den Tod erleiden, als sich ihm hinzugeben. Mit dem Befehl an die Diener Balthasar und Caspar, Genoveva zu töten, verschwindet Golo für immer. Im letzten Moment verhindert Siegfried, der inzwischen die Wahrheit erfahren hat, die blutige Tat.
(SRF)