Veit Harlan war der Starregisseur des NS-Kinos. Mehr als 100 Millionen Zuschauer in ganz Europa sahen seine Filme - einschließlich des antisemitischen Propagandafilms "Jud Süß", den er 1940 inszenierte. In der Nachkriegszeit wurde Harlan zweimal wegen dieses NS-Propagandafilms angeklagt - und beide Male freigesprochen. Felix Moeller zeigt in seinem Dokumentarfilm zahlreiche Filmausschnitte und zuvor nie gezeigtes Archivmaterial und spricht mit Familienmitgliedern und Historikern über den Regisseur und seine Rolle im Nationalsozialismus. Veit Harlan war die schillerndste Figur des Nazi-Films neben Leni Riefenstahl: ein Spezialist für deutsch-nationalen Kitsch und Todesverklärung, ein ebenso verblendeter wie talentierter Vorzeige-Künstler. Millionen Deutsche sahen seine melodramatischen Filme. Sie liefen in ganz Europa und prägten die Mentalität unzähliger Zuschauer, die in "Die goldene Stadt" oder "Opfergang" um das Schicksal der Schauspielerin Kristina Söderbaum bangten, Harlans dritter Ehefrau und ständiger Hauptdarstellerin. Harlans Melodramen waren Kassenschlager - und Propagandafilme. Sein antisemitischer Propagandafilm "Jud Süß" wurde vom NS-Staat ab 1940 gezielt eingesetzt, um den Völkermord an den europäischen Juden vorzubereiten und dazu der SS und den mit der "Endlösung" betrauten Polizeieinheiten obligatorisch vorgeführt. Sein Monumentalfilm "Kolberg" sollte 1944/45 als großes Durchhaltepos den "Volkssturm" gegen die Alliierten befeuern. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde Veit Harlan in Bezug auf seine Verantwortung für "Jud Süß" zweimal wegen Verbrechen gegen die Menschheit angeklagt. Beide Male wurde er freigesprochen. Felix Moellers Dokumentarfilm "Harlan - Im Schatten von Jud Süß" erzählt mit zahlreichen Filmausschnitten, Interviews und zuvor nie gezeigtem Archivmaterial, wie sich die Kinder und Enkel Veit Harlans bis heute mit seiner Person und seinem vergifteten künstlerischen Erbe auseinandersetzen. Harlans ältester Sohn Thomas und seine Töchter Maria und Susanne erlebten zwei Prozesse gegen den Vater, aber auch, wie er scheinbar ungebrochen weiter Filme in der jungen Bundesrepublik drehte. Ihre Reaktionen darauf fielen - zerrissen zwischen Vaterliebe und Abrechnung - höchst unterschiedlich aus. Thomas Harlan, der selbst Regisseur wurde, nannte "Jud Süß" ein "Mordinstrument" und brach mit dem Vater. Seine Schwester Maria wollte nach dem Krieg Schauspielerin werden und musste dazu den Namen Harlan ablegen. Bis zu Veit Harlans Nichte Christiane, Witwe des legendären Regisseurs Stanley Kubrick, reicht die verzweigte Familie, die mit Neugier, Scham oder auch bewusste Distanz auf die eigene Familiengeschichte reagierte. Neben einer Familienchronik der Harlans ist Felix Moellers eindrucksvoller Film auch eine faktenreiche Dokumentation über den bis heute wohl berüchtigtsten deutschen Filmemacher und die Rolle des deutschen Unterhaltungsfilms für die nationalsozialistische Propaganda. Im Anschluss folgt Oskar Roehlers "Jud Süß - Film ohne Gewissen", eine fiktionalisierte Rekonstruktion der Entstehung von Harlans Propagandafilm "Jud Süß".
(BR Fernsehen)
Länge: ca. 99 min.
Deutscher Kinostart: 23.04.2009
Deutsche TV-Premiere: 23.09.2010 (WDR)
Cast & Crew
- Regie: Felix Moeller
- Drehbuch: Felix Moeller
- Produktion: Blueprint Film, Amelie Latscha, Felix Moeller
- Produktionsfirma: WDR, rbb, NDR, YLE
- Musik: Marco Hertenstein
- Kamera: Ludolph Weyer
- Schnitt: Anette Fleming