Der Dokumentarfilmer Alan Berliner liebt Experimente. So dokumentiert er filmisch seine schwere chronische Schlaflosigkeit. Er berichtet vor laufender Kamera - in Anwesenheit der behandelnden Ärzte und Schlafspezialisten sowie seiner Mutter und seiner Ehefrau - über seine Erfahrungen und Gefühle. Auch zu den Analysen, Erklärungen und Ratschlägen seiner Umgebung nimmt er Stellung. Selten war ein autobiografischer Film - zu Recht - so narzisstisch. Denn Berliner setzt seine Person im hoffnungslosen Kampf mit einem offenbar unausrottbaren Übel ganz bewusst in Szene. Auf diese für ihn ebenso unschädliche wie wohltuende Weise hofft er, etwas Ordnung in seinen Alltag zu bringen. Der Dokumentarfilm zeigt Alan Berliner auch als Vater, und das macht die Geschichte so spannend. Eli, Berliners Sohn, muss nach dem Wunsch des Vaters viel und regelmäßig schlafen. Nur zu nahe liegt die Vermutung, dass der Wunsch nach normalen, ruhigen Nächten auf den Sohn projiziert wird. Je weiter die filmische Erzählung fortschreitet, desto schmerzlicher und komplexer wird die Geschichte, die sich zu einem Familiendrama auswächst. Gleichzeitig liefert der sehr persönliche Film eine erfrischende Reflexion über die Arbeit des Regisseurs, der großzügig Einblick in seine Archive gewährt - und damit in seinen Sammelzwang, sein geradezu triebhaftes Anhäufen von Bildern, Geräuschen und Dokumenten aller Art, das zugleich einer höheren Ordnung zu gehorchen scheint. Dieser Fundus liefert das Rohmaterial für Berliners Filme. Und natürlich drängt sich die Frage auf, ob es nicht besser wäre, dass Alan Berliner weiterhin von Schlaflosigkeit geplagt wird, damit er der einfallsreiche Künstler bleibt, der seine kraftvolle Fantasie aus dem Refugium der stillen, einsamen Nächte zu beziehen scheint.
(arte)
Länge: ca. 80 min.
Deutsche TV-Premiere: 21.06.2009 (arte)
Cast & Crew
- Regie: Alan Berliner
- Drehbuch: Alan Berliner
- Kamera: Ian Vollmer
- Schnitt: Alan Berliner