Originalpremiere: 1919
Klassiker des pazifistischen Films. Das zweiteilige Werk entstand 1918 noch auf den Schlachtfeldern bei Verdun und führt in eindrucksvollen Bildern die Agonie des Krieges vor Augen. Der Film war stark zensiert worden. Dank einer aufwändigen Restaurierung liegt er nun in einer fast vollständigen Fassung vor, untermalt von einer Film-Symphonie für großes Orchester und virtuellen Chor. Die Geschichte beginnt in einem kleinen Dorf im Süden Frankreichs kurz vor dem Ersten Weltkrieg. Zwei Männer rivalisieren um die Liebe einer Frau: der Schriftsteller Jean Diaz und François Laurin, ein aggressiver Charakter. An seiner Seite die unglückliche Edith, die Jean Diaz liebt, aber von ihrem Vater zur Ehe mit François Laurin gedrängt wurde. Als der Krieg ausbricht und François eingezogen wird, schickt er seine Frau zu seinen Eltern nach Lothringen. Die beiden Männer treffen sich an der Front wieder, Jean Diaz als Offizier, François als einfacher Soldat. Ihre private Rivalität wird an der Front zum Problem für die Truppe. Nachdem Jean eine gefährliche Mission für François übernommen und damit dessen Leben gerettet hat, werden die beiden zu engen Freunden. Nach vier Jahren ist Jean krank und wird vorzeitig entlassen. Er kehrt ins Dorf zurück, als seine Mutter stirbt. Edith kommt in derselben Nacht zurück. Sie wurde Opfer einer Vergewaltigung durch deutsche Soldaten und hat nun ein dreijähriges Kind, Angèle. Wie soll sie deren Existenz François erklären, der auch von der Front kommt und Jean in Verdacht hat, Vater des Kindes zu sein? Als François die Wahrheit erfährt, bedroht er Angèle. Jean löst die Situation, indem er François anbietet, gemeinsam an die Front zurückzukehren und das Unrecht an Edith zu rächen. So wie Emile Zola 1898 in einem offenen Brief mit dem Titel "J'accuse ...!" für den jüdischen Offizier Dreyfus Partei ergriff und das Fehlurteil der französischen Militärjustiz gegen Dreyfus bloßstellte, so ist auch dieser 1918 entstandene Film ein Fanal der öffentlichen Anklage. Abel Gance (1889-1981) war zu Beginn des Ersten Weltkriegs schon ein aufstrebender Filmregisseur. Zeitweise war er in der Filmabteilung der französischen Armee und wurde wegen Tuberkolose vorzeitig entlassen. Ein unmittelbarer Impuls zu "J'accuse" war der Antikriegsroman "Le feu" von Henri Barbusse (1916). Die Dreharbeiten begannen im August 1918, teilweise auf realen Schlachtfeldern wie dem von Saint-Mihiel, wo die US-amerikanische Armee kämpfte und die Gance Dreharbeiten erlaubte, ohne zu wissen, dass er einen Film gegen den Krieg im Sinn hatte. Diese Authentizität begründete den internationalen Erfolg des Films, insbesondere der "Marsch der Toten", wofür Gance Soldaten einsetzte, die in Verdun gekämpft hatten und die nach den Dreharbeiten im September 1918 wieder an die Front mussten. Den zweiten Teil von "J'accuse - Ich klage an" zeigt 3sat im Anschluss um 3.50 Uhr.
(3sat)