Stalins Tod öffnet die Grenzen Russlands für die größten sowjetischen Künstler. Der Westen entdeckt Oistrach, Gillels, Rostropowitsch und andere Musikgrößen. Der bereits legendäre Richter darf erst 1961 ausreisen. Krönender Abschluss seiner Amerikatournee sind sechs Konzerte in der Carnegie Hall. Sein Repertoire hat Richter bereits zu diesem Zeitpunkt auf beachtliche Weise vergrößert, später wird es die gesamte Klavierliteratur umfassen. Richter erzählt von seinem Auftritt in dem Historiensowjetfilm "Der Komponist Glinka". Er spielt darin die Rolle des Liszt. "Ein kleines Intermezzo, mit großer Wirkung", erinnert sich Richter. "Ich wäre beinahe nicht abgereist, ich war auf dem falschen Bahnhof und ich wollte nicht wegfahren. Es wäre herrlich gewesen den Zug zu verpassen, dann hätte es kein Amerika gegeben", sagt Richter zurückblickend. Nur unter großen Vorbehalten reist Richter in die Vereinigten Staaten, ein von ihm ungeliebtes Land, in dem er dennoch phänomenale Erfolge feiert. "Vielleicht war ich erfolgreich, aber ich habe sehr schlecht gespielt", sagt Richter wie immer selbstkritisch und stets unzufrieden mit sich selbst. Die Entscheidung, Richter in den Westen reisen zu lassen, wurde von Chrustschow persönlich getroffen. In Amerika begegnet er Munch, Ormandy, Horowitz und Rubinstein. Fernsehinterviews und Super-8-Aufnahmen vermitteln einen lebendigen Eindruck von diesen Treffen. Richter berichtet ferner von seinen Konzerten, seinen Schwierigkeiten bei der Auswahl des richtigen Instruments und seinem Bedürfnis nach Dunkelheit, um sich auf ein Werk zu konzentrieren. Er beschreibt, welche Belastung Orchesterkonzerte für einen Pianisten darstellen, und spricht über seine eigene Freiheit, zu spielen, was er wolle und wann es ihm beliebe. Manchmal bissig, manchmal begeistert kommentiert Richter im Rückblick seine Zusammenarbeit mit Künstlern wie Mravinski, Karajan, Rostropowitch, Oistrach, Fischer-Dieskau, Britten und Schostakowitsch. Im Alter verliert Richter sein absolutes Gehör - eine Katastrophe für den Musiker. Doch was Richter zeit seines Lebens geschaffen hat, bleibt phänomenal und entgegen seiner bis zuletzt kritischen Selbsteinschätzung beinahe unwahrscheinlich.
(arte)
Länge: ca. 80 min.