"Wir versuchen, es nicht gut zu machen, sondern es richtig zu machen", erklärt Anna Loos am Anfang des Films. Eine Maxime, die auch für die komplette Doku gilt. Dem Wahlhamburger Filmemacher Sven Halfar, jüngst durch seinen originellen Kinostreifen "DeAD" aufgefallen und mit seinen Musikdokus über Maffay und Brothers Keepers sowie seinen Videoclips für Ferris MC, Adé Bantu und Joachim Witt auch in Musikerkreisen eine etablierte Größe, gelang ein handwerklich perfekt und gleichzeitig hinreißend empathisch gemachter Film. Der Film endet, womit er begann und was ihn die ganze Zeit durchzog: Lachen. Mal fröhlich und laut, mal warm und leise, mal hintergründig ironisch, immer herzlich und entspannt. Lachen und Lächeln von erwachsenen, klugen Menschen, denen es gut miteinander geht. Die gern zusammen sind und genauso gern gemeinsam arbeiten. Die es sich nicht leicht machen dabei und alles voneinander fordern - aber eben lächelnd und lachend. Ungeschminkte Aufnahmen, ehrlich und wahrhaftig, ohne den üblichen hölzernen Doku-Charme. Die Kamera ist als solche nicht zu spüren. Sie mischt sich nicht ein, sie ist eigentlich nicht vorhanden, ohne dass sie versteckt wäre. Kein schlauer Interviewer stellt Fragen, aber es werden viele Antworten gegeben. Die vier SILLYs agieren tiefenentspannt, wir erleben sie mitten drin in ihrem (Arbeits)Leben, der Zuschauer vergisst oft, dass da noch jemand im Raum gewesen sein musste, der gefilmt hat. Ein schöner Einblick, nah dran, doch gänzlich frei von Voyeurismus. Zu sehen, vielmehr zu erleben, ist viel vom Werden der neuen Lieder. Interessant, wie unterschiedlich die Songs entstehen, wenn die Grundideen von Uwe Hassbecker oder Ritchie Barton kommen, wie Anna Loos an den Texten feilt. Zu erleben die Lockerheit, mit der sie ihren Nachwuchs in die Band integrieren, aber auch die flirrende Nervosität vor einem Auftritt im Backstage. Sie haben keine Scheu, das zu zeigen. Würde er die angespannte Aufregung vor dem Gig nicht mehr fühlen, sagt Jäcki Rezniczek, wäre er längst nicht mehr dabei. Hippelig wie eine Schülerband sind die alten Haudegen und die nicht minder öffentlichkeitserfahrene Frontfrau sogar, wenn der Labelchef sich ankündigt, um ins neue Produkt reinzuhören. Später genießen sie alle die kleine Feierlichkeit - und wir dürfen daran teilhaben - , als der neue Deal mit der Plattenfirma unterzeichnet wird: Acht, vielleicht zehn Jahre völlige Unabhängigkeit, die eigene Musik machen zu dürfen, konstatiert Ritchie anschließend erleichtert und gelöst, was will man mehr als Musiker? In die Harmonie hinein, fast übergangslos, thematisieren SILLY schonungslos offen, was bis dato kaum einer wusste: Die Aufnahmen zum vorherigen, dem "Kopf an Kopf"-Album, zogen sich quälend hin und gestalteten sich immer schwieriger im Miteinander. Zu groß offenbar der Druck, einen ebenbürtigen Nachfolger zum genialen "Alles Rot" abliefern zu müssen, zu bedrückend, für Anna, die immer wiederkehrenden Vergleiche mit der Vergangenheit von Silly. Tatsächlich hatte Anna Loos etwa ein halbes Jahr nach der Fertigstellung des Albums ihren Ausstieg erklärt, die Chemie war nachhaltig gestört. Diese Band hat es eine Zeit lang nicht mehr gegeben. Immer noch eine Schreckensvorstellung, ein schlimmes Szenario auch für die Kern-Band, wie sie im Nachhinein ungeschminkt reflektieren. Bewundernswert die Offenheit, mit der sie heute mit dieser Episode umgehen. Als Band haben sie das längst überwunden und sind nach dieser Krise, als Einheit stärker denn je. Für die meisten Fans dürfte diese Episode des Bandlebens komplett neu sein. Am Ende gilt die gute alte Shakespeare-Weisheit: "All's well, that ends well". Das darf mit Fug und Recht ohnehin zum neuen Album gesagt werden - und so entlässt uns auch der Film beruhigt und versöhnlich: mit einem herzlichen und befreiendem Lachen aller Beteiligten.
(MDR)
Länge: ca. 60 min.
Deutsche TV-Premiere: 23.07.2016 (MDR)
siehe auch: Silly - Wutfänger (D, 2016)
Cast & Crew
- Drehbuch: Sven Halfar