11.10.2022 (ARD Mediathek)
Deutsche TV-Premiere: 14.10.2022 (WDR)
Länge: ca. 45 min.
5. September 1977, Köln-Braunsfeld. Gegen 17:30 Uhr fallen Schüsse durch das Kölner Wohnviertel. Was wie ein Bürgerkrieg klingt ist der Höhepunkt einer seit Jahren tobenden Auseinandersetzung. Die RAF - die Rote Armee Fraktion - hat der Bundesrepublik den Kampf angesagt. An diesem Tag entführen die Terroristen den Arbeitgeberpräsidenten Hanns-Martin Schleyer. Diese Tat ist der Beginn des sogenannten "Deutschen Herbstes". Mit der Geiselnahme Schleyers wollen die Terroristen ihre inhaftierten Genossen, darunter Andreas Baader und Gudrun Ensslin, freipressen. In den Tagen nach der Entführung Schleyers leiteten in Köln die Sicherheitsbehörden eine beispiellose Fahndungsaktion ein. Mit tausenden Beamten und der vom Bundeskriminalamt eingeführten Rasterfahndung, bei der Personendaten erstmalig gesammelt und abgeglichen wurden, wollte man Schleyer und die Entführer aufspüren. Der Schock saß tief. Nicht nur war ein führender Repräsentant der BRD trotz Sicherheitsmaßnahmen entführt worden, die Tat geschah auch noch unweit der damaligen Bundeshauptstadt Bonn - damals noch Regierungssitz und Machtzentrale der Republik. Bonn wurde im Deutschen Herbst zur Festung. Das Straßenbild prägten schwerbewaffnete Polizisten. Verschiedene Polizeibehörden gingen einer Vielzahl von Hinweisen nach. Für die Bürger wurde der Fahndungsdruck immer stärker zur Belastung. Jeder konnte Ziel einer Hausdurchsuchung oder Personenkontrolle werden. Besonders das linke Milieu diskutierte die Frage, ob der Staat noch angemessen reagiere. Die Stimmung war aufgeheizt. Der Film taucht ein in die 70er Jahre, als der Terror nach Nordrhein-Westfalen kam. Angefangen hatte alles mit den Studentenprotesten der 60iger Jahre. In Köln wurde der KVB-Streik, der sich ursprünglich gegen eine Fahrpreiserhöhung richtete, plötzlich zum Protest gegen die herrschende gesellschaftliche Spaltung. Vera Minnik erlebte die Krawalle als Aufbruch und als Schülerin ließ sie sich mitreißen. Auch sie wollte die Revolution und die Veränderung der Gesellschaft, wie die extremen Genossen der RAF, aber nicht mit der Waffe in der Hand, sondern friedlich. "Es knallte an allen Ecken und Enden", erinnert sich Dieter Fox, Mitglied der Anti-Terror-Einheit GSG9. Nach der Schleyer-Entführung war die Spezialeinheit permanent in Alarmbereitschaft. Gerhart Baum, damals Parlamentarischer Staatssekretär und wenig später Bundesinnenminister, erinnert sich ähnlich. Im Deutschen Herbst stand er ganz oben auf der Liste "Gefährdeter Personen" und war ständig in Alarmbereitschaft "Das war mein Berufsrisiko", sagt er und erinnert sich an die Sicherheitsbeamten die ihn dauernd umgaben. GSG9-Mann Fox erlebte in dieser Zeit seinen schwersten Einsatz: Während die Terroristen Schleyer festhielten, wurde auf dem Weg von Palma de Mallorca nach Frankfurt Main die Lufthansa Maschine "Landshut" entführt und landete nach einer Odyssee durch Europa in Mogadischu. Am 18. Oktober 1977 wurde das Flugzeug von der GSG 9 gestürmt und alle Geiseln befreit. Drei der vier Terroristen wurden erschossen. Im Gefängnis in Stammheim begingen die RAF Terroristen Selbstmord. Damit war auch das Schicksal von Hanns-Martin Schleyer besiegelt. Einen Tag später wurde er tot aufgefunden. Der Deutsche Herbst war zu Ende. Die Täter wurden mit Hochdruck verfolgt - einer in Düsseldorf erschossen, ein weiterer später dort vor Gericht gestellt. Der Kölner Strafverteidiger Detlef Hartmann erlebte die Zeit nach dem Deutschen Herbst als politische Zeitenwende, die bis heute fortwirkt. Anti-Terrorgesetze von damals sind bis heute in Kraft und die Erinnerung an Täter und Opfer lebt weiter., so wie in Köln, wo Hanns-Martin Schleyers Entführung die Menschen erschütterte.
(WDR)
Cast & Crew
- Drehbuch: Achim Scheunert