Deutsche TV-Premiere: 19.12.2008 (arte)
Ins Krankenhaus geht man, um gesund zu werden. Doch manchmal wird man erst dort richtig krank. Die weltweite Ausbreitung neuer Super-Bakterien in Krankenhäusern bereitet den Ärzten Sorge. Der am weitesten verbreitete und gefährlichste unter den Krankenhauskeimen heißt MRSA (Multiresistenter Staphylokokkus Aaureus). Er ist gegen gängige Antibiotika resistent und wird immer aggressiver. So sinkt die Zahl der Medikamente, die noch gegen ihn eingesetzt werden können, von Jahr zu Jahr. MRSA kann zu schweren Wundinfektionen, Lungenentzündungen, Sepsis und nicht selten zum Tod führen. Europaweit sterben jedes Jahr rund 50.000 Menschen an dem Killer-Keim. Seit der Entdeckung des Penizillins haben sich Ärzte darauf verlassen, dass Antibiotika bakterielle Infektionen wirksam bekämpfen. Doch sobald ein neues Antibiotikum erfunden wurde, gab es schon wenige Jahre später resistente Bakterien-Stämme. Sie haben sich vor allem in den Ländern ausgebreitet, in denen Antibiotika besonders großzügig angewendet werden. Dort hingegen, wo sie gezielter und sparsamer vergeben werden, gibt es auch weniger Super-Keime. Die Mikroben können jeden Zugang zum Körperinneren nutzen, und sei er noch so winzig. In den letzten 20 Jahren breitete sich MRSA stetig in den Krankenhäusern Europas aus. Allein in Deutschland infizieren sich jährlich 15.000 Patienten, in Frankreich fast doppelt so viele. Die Niederlande sind das einzige europäische Land, das die Ausbreitung von MRSA-Keimen in Krankenhäusern fast auf Null senken konnte. Wie haben das die Holländer geschafft? Sie reagierten bereits in den 80er Jahren, als überall in Europa MRSA zum Problem wurde. Und sie reagierten strikt: Alle Risikopatienten werden in einem Raum mit Unterdruckschleuse und strenger Zutrittskontrolle isoliert. Der Mikrobiologe Professor Jan Kluytmans aus der Amphia-Klinik in Breda befürchtet, dass man die Erfahrungswerte nicht übertragen kann: "Die Situation in unseren Nachbarländern ist schwer mit Holland zu vergleichen. In Großbritannien zum Beispiel sind die Krankenhäuser oft sehr alt, manchmal sehr schmutzig. Die Strukturen sind unterschiedlich, die Krankenschwestern arbeiten anders, es gibt weniger Pflegepersonal pro Patient und mehr Betten in einem Zimmer. All das muss man ändern, wenn man MRSA kontrollieren will, und zwar im ganzen Land. Wenn das nur ein einziges Krankenhaus macht und alle anderen nicht, dann wird es ständig Probleme geben. Es müssen alle an einem Strang ziehen, eine nationale Strategie ist notwendig." Noch greifen die nationalen Strategien nicht, von internationalen ganz zu schweigen.
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