Keiner weiß, wie der abgebrühte 19-jährige Bandenchef wirklich heißt. Alle nennen ihn nur Tsotsi (Presley Chweneyagae) - in Südafrikas Townships der gebräuchliche Ausdruck für einen schwarzen Kriminellen. Boston (Mothusi Magano), ein gescheiterter Lehrer, Butcher (Zenzo Ngqobe), ein Draufgänger, und das dümmliche Schwergewicht Aab (Kenneth Nkosi) gehorchen ihm aufs Wort. Doch als Tsotsi in der U-Bahn von Johannesburg einen Mann niedersticht, der sich dagegen wehrt, von den Jungs ausgeraubt zu werden, ist für Boston eine Grenze überschritten. Er provoziert Tsotsi mit unangenehmen Fragen nach Moral und Anstand, worauf dieser ihn brutal zusammenschlägt. Kurz darauf bietet sich Tsotsi eine willkommene Gelegenheit: Er beobachtet eine Frau, die Probleme hat, mit der Fernbedienung das elektrische Tor ihrer Einfahrt zu öffnen. Kaltblütig schießt er sie nieder und stiehlt ihren teuren BMW. Doch als auf dem Rücksitz plötzlich ein Baby schreit, fährt er vor Schreck in einen Graben: Sein erster Instinkt ist Flucht, aber er bringt es nicht übers Herz, den hilflosen Kleinen zurückzulassen, steckt ihn in eine Papiertüte und nimmt ihn mit in seine Hütte. Was tun mit diesem Winzling mit vollen Windeln, der nur ruhig ist, wenn Tsotsi ihn in seinen Armen wiegt? Tsotsi erzählt niemandem von dem Säugling und versteckt ihn vor seiner Gang. Mit der Wiederentdeckung eigener Gefühle entwickelt er allmählich auch Gefühle für andere - vor allem für eine junge Mutter, die er zunächst mit Waffengewalt zwingt, "seinem" Kind auch die Brust zu geben. Miriam (Terry Pheto), deren Mann ermordet wurde und die sich mit Näharbeiten durchbringt, wird zum Sinnbild für alles, was Tsotsi fehlt. Sein innerer Wandel macht ihn menschlicher, befreit ihn aber nicht von seiner Schuld. Die mitreißend inszenierte Geschichte eines jungen Gangsters wurde mit dem Oscar für den besten nicht englischsprachigen Film prämiert. Das Township dient dem nüchternen und unsentimentalen Drama - angetrieben vom dynamischen Beat des "Kwaito", einem Mix aus HipHop und afrikanischer Tanzmusik - weder als Vorlage für Sozialromantik noch für Elendsvoyeurismus. Stattdessen erscheint Soweto, aus dem auch Nationalheld Nelson Mandela entstammt, zugleich als Brutstätte von Kriminellen und als Labor der Regenbogennation Südafrika. Der Film lebt von der erstaunlichen Präsenz des Laiendarstellers Presley Chweneyagae, dem es gelingt, der Figur des kaltblütigen Mörders nach und nach menschliche Züge zu verleihen.
(ARD)
Länge: ca. 94 min.
Deutscher Kinostart: 04.05.2006
Internationaler Kinostart: 18.08.2005
Original-Kinostart: 23.12.2005 (ZA)
FSK 12
Cast & Crew
- Regie: Gavin Hood
- Drehbuch: Gavin Hood
- Produktion: Peter Fudakowski, Paul Raleigh, Sam Bhembe, Basil Ford, Joseph D'Morais, Alan Howden, Robert Little, Rupert Lywood, Doug Mankoff, Henrietta Fudakowski, Janine Eser, Liza Essers, Gavin Joubert, Nerissa Black, Candice Tennant
- Musik: Mark Kilian, Paul Hepker
- Kamera: Lance Gewer, Mark Walker
- Schnitt: Megan Gill
- Szenenbild: Nhlanhla Bhengu
- Maske: Tania Brooke
- Regieassistenz: Richard Kellond, Phillip Mosoeu, Dylan Speer
- Ton: Shaun Murdoch
- Spezialeffekte: Davin Dullisear
- Stunts: Vadim Dobrin