Auch mit dem Abstand der Jahre muss man die Aufnahmen von jungen Pionieren mit den selbst gebastelten Kosmonautenhelmen einfach anrührend finden. Der Kult um die kühnen Weltraumflieger wurde von Partei und Staat gerne gesehen. Endlich einmal hatte die kleine deutsche Republik etwas vorzuweisen. Die bisherigen Erfolge wurden doch immer mehr in den offiziellen Papieren behauptet. Der Start der ersten Sputniks löste einen wahren Boom aus, und nach dem ersten bemannten Weltraumflug durch Juri Gagarin 1960 gab es kein Halten mehr. Der große Bruder aus der Sowjetunion schien jetzt den Spieß umzudrehen gegen den übermächtigen Feind aus Amerika. Die Kosmonautenklubs schossen wie Pilze aus dem Boden. Und sie stellten einiges auf die Beine: Riesige Modellraketen wurden entworfen und Weltraumkapseln nachempfunden. Begeistert strömten die jungen Kosmonauten zu den Wissenstests, denn nur wer theoretisch fit war, durfte am simulierten Weltraumflug teilnehmen. In allen Zeitungen waren der Sputnik und Gagarins Rakete ein Thema. Selbst das Comicblatt 'Mosaik' musste seine Helden - die verwegenen Digedags - von der Wüste des Alten Ägyptens ins Weltall schicken. Die Besuche der sowjetischen Kosmonauten in der DDR brachten Hunderttausende auf die Straßen, der Jubel für Juri Gagarin, Walentina Tereschkowa oder German Titow war echt. Aber die Partei traute dem Volk nicht und half mit Spalierplänen und vorformulierten Losungen nach. Mit solchen Reimen wurde der politische Gegner vorgeführt: 'Im Kosmos rote Fahnen weh'n, derweil die Amis baden gehen' oder 'Titow und Wostock II sind gut, die Bonner Ultras platzen vor Wut'. Natürlich wollten die Genossen die Erfolge der sowjetischen Raumfahrt zum Aufpolieren des eigenen politischen Renommees nutzen. Da kam ihnen der Start des ersten deutschen Kosmonauten Sigmund Jähn 1978 gerade recht. Der bescheidene Held aus Morgenröthe-Rautenkranz wurde nach seiner Rückkehr durch eine gigantische Jubeltournee geradezu überrollt. Noch heute fällt es ihm schwer, über diese Tage zu sprechen, über den Spagat zwischen ehrlicher Anteilnahme und politischer Vereinnahmung. Denn die ersten Männer des Staates wollten sich auch sonnen in dem Jubel, der dem ersten Kosmonauten galt. Erstmals wird auch das Kosmonauten-Double Eberhard Köllner seine Sicht auf den Jubel um Sigmund Jähn erzählen. Die Dokumentation zeigt die ehrliche Begeisterung der 'jungen Kosmonauten' und den ständigen Versuch, das Thema politisch zu instrumentalisieren. Und dann wird sich noch ein junger Mann vorstellen, für den der Kindheitstraum fast schon Wirklichkeit geworden ist. Als Schüler arbeitete er im Kosmonautenklub des Berliner Pionierparks. Heute ist er Mitarbeiter einer amerikanischen Firma für Luftfahrt- und Raumindustrie. Und wenn sich die private Raumfahrt in den USA weiter so entwickelt wie bisher, will er eines Tages mit auf den Mars fliegen.
(tagesschau24)
Länge: ca. 45 min.
Deutsche TV-Premiere: 12.06.2005 (arte)
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Cast & Crew
- Drehbuch: Lutz Rentner, Otto Sperlich