Originalpremiere: 2005
27.04.2006
FSK 16
Michael Glawogger (1959 - 2014) geht den Fragen nach, ob körperliche Schwerstarbeit verschwindet oder ob sie nur unsichtbar wird - und wo sie im 21. Jahrhundert noch zu finden ist. Mit "Workingman's Death" feierte er einen sensationellen Kino- und Festivalerfolg, nachdem der international gefeierte österreichische Filmemacher in "Megacities" das Leben in Großstadtmolochen dokumentierte und in "Frankreich, wir kommen" Fußballfans zeigte. Auch mit "Nacktschnecken" und "Slumming" bewies Glawogger, dass er gefeierte Spielfilme machen kann. "Workingman's Death" ist eine zweistündige Filmreise, die 2005 bei den European Film Awards als bester europäischer Dokumentarfilm nominiert war und auf Festivals in Leipzig, Gijón und London Preise einheimste. In sechs Kapiteln folgt Glawogger dabei den Spuren von "Helden" in illegalen Minen der Ukraine, spürt "Geister" unter den Schwefelarbeitern in Indonesien auf, begegnet "Löwen" in einem Schlachthof in Nigeria, bewegt sich unter "Brüdern", die ein riesiges Tankschiff in Pakistan zerschneiden, und hofft mit chinesischen Stahlarbeitern auf eine "glorreiche Zukunft". Die Zukunft ist aber mittlerweile in Deutschland angekommen, wo eine ehemals wichtige Hochofenanlage in einen Freizeitpark verwandelt wurde. "Arbeit kann viel sein. Oft ist sie kaum sichtbar, manchmal schwer erklärbar und in vielen Fällen nicht darstellbar. Schwere körperliche Arbeit ist sichtbar, erklärbar, darstellbar. Daher denke ich oft: Sie ist die einzig wirkliche Arbeit", so Glawogger. Neben Erich Lackner und Mirjam Quinte hat Oscar-Preisträger Pepe Danquart "Workingman's Death", im Rahmen des Film/Fernseh-Abkommens mitfinanziert, produziert. Für die Musik ist der renommierte Filmmusiker John Zorn verantwortlich, der den so genannten "Genius Grant" der MacArthur Foundation in der Höhe einer halben Million Dollar erhielt. 1935 wird der sowjetische Bergmann Aleksej Stachanow zum Helden der Arbeit. 102 Tonnen Kohle in einer Schicht - ein bis dahin nicht erreichter Rekord. Er wird damit zum Star, zum Helden, zum Politiker und zur Legende. Eine Stadt im Donbass und eine Bewegung werden nach ihm benannt, eine riesige Statue wird errichtet. Krasni Lutsch, Ukraine. Dort, wo einst Stachanow seine Rekorde setzte, arbeiten heute Tatjana, Valodja und Vassili in einer selbst gegrabenen, nicht mehr als 40 Zentimeter hohen Mine. Sie bauen Kohle für den Eigenbedarf ab und leben von der vagen Hoffnung auf eine bessere Zukunft. Sie sind die neuen "Helden des Donbass". Ostjava, Indonesien: Pak Agus trägt seit 30 Jahren Schwefel vom Krater des Berges Kawa Ijen ins Tal. Er benutzt dazu zwei mit einer Stange verbundene Körbe, auf seinen Schultern liegt eine Last von 70 bis 100 Kilogramm. Da der Vulkan auch ein beliebtes Ausflugsziel für in- und ausländische Touristen ist, führt ihn sein täglicher Weg vorbei an Schaulustigen, die ihn und seine Kollegen bestaunen, befragen, bewundern und fotografieren. Sie sind wie "Geister" aus einer vergangenen Zeit. Bunmi Onokoya und seine Kollegen schlachten, rösten, waschen, häuten, zerteilen, schleppen, handeln, laufen und schreien von morgens bis mittags. In dieser Zeit werden an die 350 Ziegen und fast ebenso viele Stiere vom lebenden Tier zum verkaufsfertigen Fleisch verarbeitet. Die Arbeiter in Port Harcourt, Nigeria, sind stolz, laut und fröhlich. Schließlich sind sie dafür verantwortlich, dass ihre Landsleute zu essen haben. Sie sind selbstbewusst und stark wie "Löwen". Dawa Khan ist eigentlich Bauer. Aber in seinem Dorf reichen die Erträge nicht mehr zum Leben. So arbeitet er in Gaddani, Pakistan. Er und Hunderte andere zerlegen mit mehr oder weniger bloßen Händen alte Tankschiffe, verarbeiten den Schrott aus dem Rest der Welt. Mit strengstem Gottvertrauen und im kollektiven Bewusstsein, dass sie "Brüder" im Geiste und im Leid sind, begegnen sie der täglichen Lebensgefahr von Explosionen und herabstürzenden Trümmern. Doch die "Zukunft" findet in China statt.
(3sat)
Cast & Crew
- Regie: Michael Glawogger
- Drehbuch: Michael Glawogger
- Produktion: Quinte Film, Erich Lackner, Mirjam Quinte, Pepe Danquart
- Produktionsfirma: Lotus-Film, ARTE
- Musik: John Zorn
- Kamera: Wolfgang Thaler
- Schnitt: Monika Willi, Ilse Buchelt