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TV-Kritik/Review: "Strafe nach Ferdinand von Schirach": Im Zweifel für den Zweifel
(27.06.2022)

Für RTL+ gibt es ab dem 28. Juni nun einen neuen qualitativen Lichtblick. Mit der Adaption der Kurzgeschichtensammlung
Mit dem Konzept für die Serie hat RTL+ schon mal vieles richtig gemacht und sechs namhafte Regisseurinnen und Regisseure verpflichtet, die jeweils einer Geschichte ihren Stempel aufdrücken. Hinzu kommt noch ein einigermaßen fähiger Cast, der ein solides Fundament für die Thriller-Exzesse schafft, die allesamt gesellschaftliche (und juristische) Grauzonen aufzeigen. Nebst unheilschwangerer Stimmung schwingt vor allem die Moralkeule.
So auch beispielsweise in der Episode der Regisseurin Mia Spengler, die darin eine Schöffin in moralischen Zwiespalt bringt. Elisabeth Hofmann schlüpft in die Rolle der Marketing-Beraterin Katharina Wilmer, die vom Gericht als Schöffin berufen wird und sich mit einem Fall häuslicher Gewalt konfrontiert sieht. Die emanzipierte Frau versucht mit allen Mitteln, das Opfer vor ihrem Mann zu schützen und arbeitet dadurch ihr ambivalentes Verhältnis zu Männern auf.
Leider zählt Spenglers Episode eher zu den Schwachen der Reihe und schafft es nicht, eine wirkliche Spannung zu etablieren. Ihr Exposition der Hauptfigur und des Falls stehen im Ungleichgewicht, wodurch es schwierig ist, der Handlung Authentizität zuzuschreiben.

Bis die Episode endlich fahrt aufnehmen kann, sind bereits wertvolle Minuten verschenkt und schafft es nur durch ein ästhetisches Traummotiv am Ende, nachhallende Akzente zu setzen, die jedoch wahrlich zu spät kommen. Bis dahin haben wir streckenweise hölzerne Dialoge, uninspirierte Inszenierungsformen und dem geschuldet eine aufgesetzte Handlung, die nicht wirklich überrascht.
Ein Mangel an Überraschungsmoment mag die Achilles-Verse der Serie sein, denn auch in der Episode "Der Taucher" des handwerklichen Könners Oliver Hirschbiegel kommt man als Zuschauer oft in die Position des Wahrsagers und erschließt sich - anfangs mühselig, doch dann recht schnell - die einzelnen Wendungen und dramatischen Kniffe.
Hirschbiegel erzählt die Geschichte von Claudia Kretschmann (Katharina Hauser), die beschuldigt wird, ihren Mann Andreas erwürgt zu haben. Ihr Mann, der ein von Kind auf gestörtes Verhältnis zu Frauen hatte, ist das schwarze Schaf der Familie. Als er nun zu Tode gekommen ist, will die rechtschaffene und gläubige Frau sein Angedenken gegenüber der erzkatholischen Dorfgesellschaft ihres kleinen Wohnorts schützen. Damit gerät sie jedoch einerseits in einen Glaubenskonflikt und kann am Ende ihrem Anwalt nur notdürftig bei der Widerlegung der Vorwürfe gegen sich helfen.

Wenngleich Hirschbiegel handwerklich mutiger und erfahrener herüberkommt, muss auch er einen Weg finden, dem Zuschauer Neues zu präsentieren. Dabei verlässt er sich ganz auf die moralische Kraft und den Pathos der Geschichte und kann eine überzeugende Sozialstudie abliefern, die cineastisch jedoch hinter den Erwartungen liegen bleibt.
Voll und ganz überraschen kann jedoch die verspielte und träumerische Charakterstudie in "Der Dorn" des Regisseurs Hüseyin Tabak. Hierin spielt Hans Löw den stillen Museumswärter Feldmayer, der aufgrund eines Systemfehlers über Jahre nur den selben Raum zu bewachen hat und diesen nun aus Langeweile statistisch erforscht.
Sein bis aufs kleinste Detail durchkomponierter Alltag wird jedoch schier zerstört, als er sich genauer mit der im Raum befindlichen Statue eines Jünglings beschäftigt, der einen Dorn aus seinem Fuß zieht. Feldmayer muss zusehen, wie er allmählich aus dem Gleichgewicht gerät und beinahe gänzlich dem Wahnsinn verfällt.
Tabak gelingt ein fulminantes Traumspiel, welches von der ersten Minute an fesselt und durch die durchweg großartige Leistung von Löw getragen wird. Es geht um Einsamkeit, unterdrückte Freiheit und exotisches Verlangen. Tabak unterstreicht den metaphysischen Wert dieser Geschichte mit inspirierenden Bildern, die gleichsam Schönheit und blanken Horror einzufangen wissen und ein wunderbares Exposé über die Tragik der Karteileichen liefern.

Das Problem bei solch episodischen Anthologie-Serien ist die übergreifende Kritik, die nach diesen drei Beispielen nur gemischt ausfallen kann. Loben muss man aber die Chance, die hier den einzelnen Künstlerinnen und Künstlern gegeben wird, mit aller Freiheit zu arbeiten.
Solche Spielwiesen sind wichtig, um neuen Talenten eine Bühne zu bereiten und alten Eisen die Gelegenheit zu geben, zu zeigen, was sie noch drauf haben. In jedem Fall ist "Strafe" nach Ferdinand von Schirach eine durchaus sehenswerte Serie, die nicht vergisst, den Zeigefinger zu heben, was mal mehr und mal weniger gelingt. Dennoch bleibt auch in dieser Kritik der Zweifel für den Zweifel.
Diese Rezension basiert auf der Sichtung von drei Episoden der Serie "Ferdinand von Schirach: Strafe".
"Strafe" nach Ferdinand von Schirach ist ab dem 28. Juni mit allen sechs Episoden auf RTL+ abrufbar.
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Leserkommentare
chrisquito schrieb via tvforen.de am 28.06.2022, 15.14 Uhr:
Wollte nur mal anmerken, dass ich die Titel mit diesem ständigen "nach Ferdinand von Schirach" ein bisschen merkwürdig finde. Es heißt ja auch nicht "Das Urteil nach John Grisham" oder "Der Richter und sein Henker nach Friedrich Dürrenmatt".
Erinnert ein wenig an "Das Evangelium nach Matthäus".
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