"Big Brother": Quotenrekord dank Doppelmoral

Ungeachtet der Fußball-WM kann sich  "Big Brother" auf seine treue Stammkundschaft verlassen. Die Quoten sind nicht eingebrochen, und die gestrige Tageszusammenfassung zum Nominierungs-Eklat brachte sogar einen neuen Staffelrekord. Insgesamt 1,44 Millionen Zuschauer schalteten ein, was dem Sender bei den 14- bis 49-jährigen Zuschauern einen Marktanteil von 11,9 Prozent einbrachte.

Grund des hohen Interesses war der Rauswurf des Kandidaten René nach der Live-Show am Montagabend. Für den "Skandal" sorgte die berüchtigte "offene Nominierung", mit der die Verantwortlichen das ohnehin große Aggressionspotential im Haus stets zuverlässig auf die Spitze treiben. Bei der "offenen Nominierung" stehen sich die Bewohner gegenüber. Jeder Kandidat nominiert einen seiner Mitbewohner, nimmt einen Eimer und übergießt ihn mit zähen, unappetitlichen Flüssigkeiten aller Art. Danach sagt er ihm die Meinung.

Der aus dramaturgischen Gründen ans Ende der Schlange platzierte René, der bereits fünfmal übergossen wurde und entsprechend emotional aufgeladen war, nutzte die Gelegenheit zu einer verbalen Abrechnung mit dem Kandidaten Daniel. Er warf ihm vor, den Tod seiner Verwandten und einen dazugehörigen Mitleidsbonus zwecks Selbstvermarktung nutzen zu wollen. Während der seit Januar laufenden Staffel sind bereits drei nahe Verwandte von Daniel verstorben. Ohne sich von den Mitbewohnern verabschieden zu können, wurde René wegen seiner pietätlosen Äußerungen rund eine Stunde nach Ende der Live-Show aus dem "Big Brother"-Haus entfernt. Ein keineswegs freiwilliger Abgang: Als letztes Lebenszeichen vernahmen die Hausinsassen noch seine Schreie hinter den Wänden.

Hinter der vermeintlichen Empörung der Programmmacher verbirgt sich jedoch eine Doppelmoral. Der psychisch labil wirkende René provozierte seine Mitbewohner verbal seit Tagen auf eine sehr offensive Weise und wirkte zunehmend unberechenbarer. Durch die Art der Nominierung war ein Eklat abzusehen und wurde geradezu herbei provoziert. Überraschend war lediglich sein Rauswurf - so angemessen dieser auch sein mag -, denn etliche Entgleisungen anderer Bewohner blieben bislang ohne nennenswerte Konsequenzen. Nach den Worten "Ich hab da noch was!" wurde beispielsweise am Montag Daniel vom Publikumsliebling Klaus angespuckt. So etwas scheint im Rahmen der schönen neuen Aggro-Welt von "Big Brother" kaum noch erwähnenswert. Eine Reaktion seitens "Big Brother" erfolgte nicht. Denn Klaus, der zuvor unter anderem dadurch auffiel, dass er sich heimlich mit dem Kopfkissen einer Mitbewohnerin den nackten Hintern abwischte, wird als neues Idol der RTL II-Zielgruppe schließlich noch für die Quote gebraucht.