Der Berliner Elektro-Komponist Martin Karow (Paul Kalkbrenner), aka DJ Ickarus, tourt mit seiner Freundin und Managerin Mathilde (Rita Lengyel) von Flughafen zu Flughafen, von Auftritt zu Auftritt durch die Tanzclubs der Welt. In ihrer Berliner Wohnung teilen sie Bett, Musikstudio und Büro. Mathilde kritisiert Ickarus zunehmend wegen seines exzessiven Drogenkonsums. Ihre Liebe und ihr gemeinsames Ziel, die Veröffentlichung des neuen Albums, schweißt sie dennoch zusammen. Nach einem Auftritt verliert Ickarus die Orientierung und wird in die Drogennotaufnahme einer Berliner Nervenklinik eingeliefert. Die leitende Ärztin Prof. Dr. Petra Paul (Corinna Harfouch) diagnostiziert drogeninduzierte geistige Verwirrtheit. Man müsse jetzt erst einmal die Laborergebnisse abwarten und schauen, was für eine Pille Ickarus erwischt habe. Ickarus ist verwirrter als er zugibt. Trotzdem nimmt er die ganze Situation nicht wirklich ernst. Mathilde bringt ihm seinen Computer in die Klinik. Ickarus komponiert weiter am Album und nimmt am sozialen Leben auf der 'offenen'Drogenstation teil. Er lernt seine Mitbewohner Crystal Pete (Peter Schneider), Franz (André Hoffmann), Michi (Paul Preuss), Jamal (Mehdi Nebbou), Goa Gebhard (Caspar Body) und Zivi Alex (Maximilian Mauff) kennen. Nachts wird Ickarus von panikartigen Angstschüben (Flashbacks) geplagt. Die Ärztin mahnt Ickarus eine Ruhepause unter ihrer Aufsicht einzulegen. Sie betont seinen freiwilligen Aufenthalt in der Klinik. Alice (Megan Gay), die Chefin des Plattenlabels Vinyl Distortion, sagt bei Mathilde das Release des neuen Albums ab. Clubchef Tom (Dirk Borchardt) verschiebt die Record Release Party. Ickarus ist immer mehr genervt vom Alltag in der Drogenstation, verlässt unerlaubt die Klinik, besorgt sich beim Dealer seines Vertrauens Erbse (RP Kahl) Kokain und feiert das Wochenende mit Groupie Jenny (Henriette Müller) durch. Mathilde ist immer weniger dazu bereit, bei Ickarus' Egotrip mitzumachen. Sie sucht Halt und Geborgenheit bei Corinna (Araba Walton), ihrer Ex-Freundin, die in einem Technotempel als Türsteherin arbeitet. Ickarus macht Mathildes Beziehung zu Corinna weniger aus als ihre Moralpredigten. Der Streit endet in einer ménage a trois. Für einen Moment scheint die Welt wieder in Ordnung. Doch als Ickarus von der Absage des Albums erfährt, verliert er im Kokaindelirium völlig die Kontrolle, schlägt Mathilde und zerlegt das Büro des Plattenlabels. Anschließend flüchtet er zurück in die Drogenklinik. Auch hier wartet ein Machtkampf auf ihn, diesmal mit der Ärztin Prof. Dr. Paul. Vergeblich bemüht sich Ickarus später um Schadensbegrenzung. Alice wirft ihn aus dem Label, Mathilde ist mittlerweile zu Corinna gezogen und will ihn nicht mehr sehen. Ickarus verliert immer mehr den Boden unter den Füßen. Die Therapieversuche der Ärztin enden im Fiasko. Ickarus organisiert nachts unter Drogeneinfluss eine frivole Abschiedsparty, die Klinikbewohner feiern ausgelassen bis die Pfleger einschreiten. Ickarus wird auf der geschlossenen Station isoliert und wird ruhig gestellt. Frau Dr. Paul rechtfertigt diesen Schritt gegenüber Mathilde mit der Einschätzung, Ickarus sei eine Gefahr für sich und für andere. Trotz der Trennung kämpft Mathilde um seine Entlassung, bittet den Vater von Ickarus (Udo Kroschwald), einen evangelischen Pfarrer, um Hilfe. In der geschlossenen Station komponiert Ickarus wieder an seinem Album. Für einen Moment scheint die Sonne am Horizont. Doch dann kommt alles anders...
(One)
Die "Süddeutsche Zeitung" schrieb: "Wie bereits in seinem Debütfilm ‚Berlin is in Germany' verbindet Stöhr auch hier ein dokumentarisch geschultes Gespür für Berliner Lebensgefühl mit dem Drama einer vom Scheitern bedrohten Existenz, mit einer Tragödie, der er immer wieder lichte, fast komische Momente verleiht." "Berlin Calling" ist keine Neuauflage von "Einer flog übers Kuckucksnest" und ist auch kein Film über Drogen. Es ist ein authentischer, junger und realitätsnaher Film über die Generation, die auf den Dancefloors zu Hause ist - dort, wo die Zeremonienmeister der Musik die Massen in Trance versetzen. Ein hoch emotionaler Film über einen modernen Musiker, einen, der sich auf dem schmalen Grat zwischen Kunst und Wahnsinn bewegt. Regisseur Hannes Stöhr, 1970 in Stuttgart geboren, studierte Europarecht an der Universität Passau. Darauf wechselte er an die Deutsche Film- und Fernsehakademie Berlin, um Drehbuch und Regie zu studieren. Während seines Studiums drehte er "Berlin is in Germany" (1999), der 2001 auf der Berlinale mit dem Publikumspreis ausgezeichnet wurde. 2003 drehte Stöhr den Kölner Tatort "Odins Rache", mit Klaus J. Behrendt und Dietmar Bär in den Hauptrollen. Sein zweiter Kinofilm "One Day in Europe", eine ARTE-Koproduktion, wurde 2005 auf der Berlinale präsentiert. "Berlin Calling" hatte auf der Piazza Grande beim Filmfestival in Locarno 2008 Weltpremiere. Aus der Retrospektive betrachtet bilden Stöhrs Kinofilme eine Trilogie: ""Berlin is in Germany" beschreibt Berlin aus der Alien-Perspektive, ‚One Day in Europe' zeichnet Berlin im europäischen Kontext und "Berlin Calling" ist der Blick auf Berlin von innen ...", so Hannes Stöhr. Der Wahl-Ostberliner Paul Kalkbrenner, der mit der Rolle des Ickarus seines gleichen verkörpert, zählt zu Deutschlands erfolgreichsten DJs. Er selbst bezeichnet sich jedoch lieber als Live Act. Er sollte mit seinem Insiderwissen ursprünglich als Berater für "Berlin Calling" fungieren. Im Laufe des Projekts übernahm er die Hauptrolle und schrieb auch die fesselnde elektronische Musik, die zu Teilen aus Stadtgeräuschen besteht. Die Genese solcher Tracks ist auch im Film zu erleben.
(StarTV)
Länge: ca. 100 min.
Deutscher Kinostart: 02.10.2008
Deutsche TV-Premiere: 01.12.2010 (arte)
FSK 12
Cast & Crew
- Regie: Hannes Stöhr
- Drehbuch: Hannes Stöhr
- Produktion: Karsten Aurich, Hannes Stöhr, Franziska Jahnke, Tobias Timme, Dominik von Waldstätten, Stoehrfilm
- Produktionsfirma: Sabotage Films GmbH
- Musik: Paul Kalkbrenner
- Kamera: Andreas Doub
- Schnitt: Anne Fabini
- Regieassistenz: Mirko Borscht