Die Figur des Hochstaplers spiegelt seit jeher die Wünsche und Projektionen einer Gesellschaft. Dieser Film erzählt eine wahre Hochstaplergeschichte, die im geschützten Rahmen eines Kindergartens einer Schwabinger Elterninitiative spielt. Es geht um gesellschaftliches Zusammenleben, um Vertrauen, um die Übereinkunft, dass Kindern Werte vorgelebt werden, die sie übernehmen sollen. Der Kindergarten ist das Sammelbecken aller Idealvorstellungen der Eltern, und deren ernsthafter Versuche, diese umzusetzen. Bastian pfeift auf diese Werte. Für ihn sind das nur lästige Hindernisse auf dem Weg zu einem Leben in Prunk und Protz. Bastian beschließt, die Konten eines Kindergartens zu plündern. Und dafür hat er einen Plan: Alles beginnt mit einer Lüge. Das Auswahlverfahren im ältesten und traditionsreichsten Kindergarten in Schwabing ist hart. Die Eltern entscheiden selbst und versuchen, nur Gleichgesinnte aufzunehmen. Mit seinem behinderten Kind hat Bastian einen Pluspunkt - Stichwort: Inklusion. Aber seine Vita ist verheerend. Er ist überzeugt, dass er bei den erfolgreichen und kreativen Eltern des Kindergartens als arbeitsloser Einzelhandelskaufmann aus Halle keine Chance hat. Bastian wechselt seine Identität. Er macht sich zum Eigentümer einer Eventagentur, gibt vor, aus Hamburg zu kommen und erfolgreich zu sein. Die Täuschung gelingt und Bastian macht tatsächlich Karriere: als Betrüger. Indem er von Beginn an ein durchtriebenes Spiel inszeniert, erlangt er nach kurzer Zeit die Kontrolle über die Finanzen der Einrichtung. Auf dem Konto liegen weit mehr als eine Viertelmillion Euro. Geld, das Bastian einen hohen Lebensstandard ermöglicht, Sozialhilfe bezieht er weiterhin. Weil er aber einen mustergültigen Vater darstellt, Beruf, Erfolg, Familie, behindertes Kind und Präsenz im Kindergarten scheinbar unter einen Hut bekommt, ist er vollkommen unverdächtig und schafft es, das Geld innerhalb von zwei Jahren komplett auszugeben. "Betrug" war 2017 der Eröffnungsfilm des 60. Internationalen Filmfestivals DOK Leipzig. "... Nicht zuletzt erzählt Spaeths Dokumentarfilm etwas über das Verhältnis von Ost und West, über die Ungleichheiten beim Vereinigungsprozess ... Das Verbrechen, von dem 'Betrug' erzählt, bekommt vor diesem Hintergrund etwas Schweijkhaftes, weil Umverteilung hier einmal andersrum funktioniert: Basti als Treuhand auf zwei Beinen, die mit dem Geld der Schwabinger Bourgeoisie die Filetstücke seiner kurzzeitigen Statusaufwertung ordert ..." (Die Zeit, 22. August 2018)...
(BR Fernsehen)
Weiterer Titel: Betrayal
Länge: ca. 90 min.
Deutsche TV-Premiere: 22.08.2018 (Das Erste)
Cast & Crew
- Regie: David Spaeth
- Drehbuch: David Spaeth
- Produktion: Christian Drewing
- Musik: Axel Huber, Philipp Noll
- Schnitt: Georg Michael Fischer