Im Volksmund heißt er "Canalazzo", ein Ausdruck, der "Canal" und "Palazzo" zu einer Einheit werden lässt: der Canal Grande. Ein Mythos, ein Name mit magischem Klang, eine der schönsten Wasserstraßen der Welt - eine Kulisse. Vier Kilometer lang, zwischen 30 und 70 Meter breit, ist er seit über 1.000 Jahren ein Kaleidoskop des öffentlichen und privaten Lebens und ein Spiegelbild der Geschichte und Kultur Venedigs. Der Canal Grande war Handelshafen, Zentrum des städtischen Lebens, Bühne für die Herrscher und Lebensader für das Volk. Er inspirierte Maler, Schriftsteller und Musiker aus der ganzen Welt von Goldoni bis Wagner, von d'Annunzio bis Proust, von Vivaldi bis Nietzsche. Er verbindet Heiliges und Weltliches, Schönheit und Gestank, Liebe und Perversion, Luxus und Armut - bis heute. Die 310 Gebäude an beiden Ufern von der Piazzale Roma bis zum San-Marco-Becken bilden nicht nur ein Defilee der Paläste, die Geschichte und Geschichten machten, Schauplätze von rauschenden Festen, bewegenden Romanzen, von Mord und Intrigen waren. Sie umrahmen auch das Alltagsleben, das Leben der Handwerker und Lieferanten, der Hochzeits- und Trauerzüge, der Marktfrauen und Gondolieri, der Müllabfuhr und Möbeltransporte, der Polizisten und Hotelangestellten. Hinter den Fassaden eröffnen sich nicht nur prachtvolle Salons und bedeutende Kunstsammlungen, sondern auch Hauptpost, Stadtverwaltung, Fischhalle, Hotelbusiness. Ein Dokumentarfilm, der subjektive Beobachtungen aneinanderfügt, Zufälligkeiten des Alltags, Lebensszenen, Skurriles, Banales, gesehen mit dem Blick des interessierten Besuchers. Ein Kamerafilm, der auch den Weg hinter die Fassaden der Paläste und Kirchen geht, um dort dem "Canalazzo" der noch verbliebenen Venezianer zu begegnen. Doch auch das nur flüchtig. Denn der Canal, das ist nicht Verharren, das ist Bewegung.
(SWR)
Cast & Crew
- Regie: Ebbo Demant
- Drehbuch: Ebbo Demant