Karim arbeitet auf einer Straußenfarm nahe Teheran. Sein geruhsames Familienleben gerät aus dem Gleichgewicht, als er den Job verliert und seine älteste Tochter gleichzeitig ein nahezu unerschwingliches, neues Hörgerät benötigt. Durch Zufall wird er Motorrad-Taxifahrer in Teheran, verdient plötzlich mehr denn je und entdeckt dabei, dass die Großstadtbewohner viel Brauchbares wegwerfen. Mit dem Horten dieser "Reichtümer" wandelt Karim sich zu einem habgierigen Mann, der den bedürftigen Nachbarn nichts mehr abgibt. Erst als er sich bei einem Sturz schwer verletzt und auf die Hilfe anderer angewiesen ist, entdeckt Karim die eigentlichen Werte des Lebens. In seinem stillen Meisterwerk plädiert Autorenfilmer Majid Majidi mit wunderschönen Bildern für eine Empfindsamkeit, die im Großstadtleben zu ersticken droht. Mit seinem Job auf einer Straußenfarm kann der Landarbeiter Karim (Reza Naji) Frau und Kinder nur mühsam ernähren. Dennoch erlebt er das bescheidene Glück eines Mannes, der trotz aller Entbehrungen in seiner Arbeit aufgeht. Dafür findet Majid Majidi in seinem Autorenfilm unnachahmliche Bilder: Nachdem eines der Tiere aus dem Gehege entkommen konnte, stapft Karim als verkleideter Strauß über die Wiesen, um den Ausreißer einzufangen. Leider misslingt dieser Versuch, schlimmer noch: Karim verliert deshalb seine Arbeit. Glücklicherweise lässt sich der findige Familienvater nicht leicht erschüttern. Unterwegs im nahen Teheran, wo er ein neues Hörgerät für seine älteste Tochter besorgen will, kommt der Zufall ihm zur Hilfe: Im Verkehrschaos der Metropole werden Motorradtaxis gebraucht. Mit seiner altersschwachen Maschine chauffiert Karim hektische Anzugträger, die geschäftig ins Handy sprechen. Auf seinen Fahrten lernt er die Wirren der modernen Metropole kennen und steigt rasch zum viel beschäftigten Kurierfahrer auf. Sogar Kühlschränke transportiert er auf seinem klapprigen Zweirad. Die ihm zugesteckten Kleinbeträge bedeuten für den Mann vom Land ein Vermögen. Aber Geld verändert bekanntlich den Charakter: Aus dem freigebigen Gemeinschaftsmenschen wird ein emsiger Kleinunternehmer, der auf seinem Hof ausrangierte Möbel und Altmetall aus der Stadt hortet. Als er von der sinnlosen Überfülle seiner aufgestapelten Schätze beinahe erschlagen wird, durchlebt er eine todesähnliche Erfahrung. Er ist nun auf die Hilfe der anderen angewiesen, die er zuvor aus Geiz vor den Kopf gestoßen hatte. Das Erlebnis wirkt auf ihn wie eine mystische Initiation, dank welcher er die wahren Werte des Lebens neu entdeckt: das sich gegenseitig stützende Miteinander der Menschen, gegründet auf Großzügigkeit, Mitgefühl und Uneigennützigkeit. Majid Majidi zählt zu den bedeutendsten iranischen Regisseuren. Sein Jugendfilm "Kinder des Himmels" und das meditative Meisterwerk "Die Farben des Paradieses" liefen weltweit in Arthouse-Kinos. Auch in "Das Lied der Sperlinge" wirft der Iraner mit seiner zurückgenommenen Bildsprache einen unprätentiösen Blick auf die Missstände seines Landes. Majidis Kritik am Kapitalismus ist unmissverständlich - aber nie plakativ. Dank ihres subtilen Humors wirkt die stille Botschaft dieser filmischen Parabel in keinem Moment aufgesetzt. Szenen mit Straußen und Goldfischschwärmen erfüllen den Film mit symbolisch-poetischer Kraft. Reza Naji wurde auf der Berlinale 2008 mit dem Silbernen Bären als Bester Darsteller ausgezeichnet.
(ARD)
Länge: ca. 96 min.
Internationaler Kinostart: 10.02.2008
Deutscher Kinostart: 28.11.2008
Original-Kinostart: 01.10.2008 (IR)
Deutsche TV-Premiere: 17.04.2011 (Das Erste)
Cast & Crew
- Regie: Majid Majidi
- Drehbuch: Majid Majidi, Mehran Kashani
- Produktion: Majid Majidi, Javad Noruzbegi, Fortissimo Films, Majid Majidi Film Production
- Musik: Hossein Alizadeh
- Kamera: Turaj Mansuri
- Schnitt: Hassan Hassandoust
- Maske: Saeid Malekan
- Regieassistenz: Sirrus Hassanpur, Hossein Azhir, Vahid Kashi, Behzad Rafi, Maziar Rezakhani
- Ton: Mohammad Reza Delpak, Yadollah Najafi, Reza Narimizadeh