Mit "Seemannsgeschichten" verknüpfen sich unwillkürlich Vorstellungen an ferne Länder, weite Meere sowie von Romantik und Sentimentalität geprägter harter Männer. Eberhard Fechner stellt in seinem zweiteiligen Dokumentarfilm elf ehemalige Seeleute älteren Jahrgangs vor. Sie sind Zeitzeugen des Jahrhunderts, deren eigenes alltägliches Leben - vornehmlich auf See - von Abenteuern geprägt wurde. Als Kinder kleiner Leute sind sie irgendwo in der deutschen Provinz zu Zeiten des Deutschen Kaiserreiches geboren und aufgewachsen. Nach dem Ersten Weltkrieg und dem Untergang der Monarchie bot ihnen die Seefahrt vor allem Arbeit bei freier Kost und Logis, also ein Zuhause. Das Anheuern auf einem Schiff bedeutete aber auch eine Möglichkeit zur Flucht. Fern der Heimat überstanden die Seeleute Inflation und Wirtschaftskrise, wechselten von den Segelschiffen, mit denen einige noch Kap Hoorn umsegelt hatten, auf die Dampfschiffe. Zwischen den einzelnen Seereisen setzte sich mancher noch einmal auf die Schulbank und schaffte den Aufstieg innerhalb der Schifffahrtshierarchie. Auch wenn ein Heimaturlaub mit einer Eheschließung endete, waren die Matrosen doch eher mit der Seefahrt verheiratet als mit ihrer Frau. Während ihres langens Fernbleibens von der Heimat bemerkten die Seefahrer den aufkommenden Faschismus nicht, waren überrascht und teilweise unangenehm berührt, wenn sie ihm begegneten. Mancher von ihnen trat in die NSDAP ein, einige hielten sich aus dem politischen Geschehen heraus, waren angewidert oder empört. Auf einem Schiff konnte man sich den Fängen der nationalsozialisten Partei offenbar leichter entziehen. Dort herrschten andere Gesetze als in einer Firma oder Institution im damaligen Deutschland der 1930er- , 1940er-Jahre ...
(NDR)
Länge: ca. 90 min.
Cast & Crew
- Regie: Eberhard Fechner
- Drehbuch: Eberhard Fechner
- Produktion: Fechner-Film
- Produktionsfirma: WDR
- Kamera: Karsten H. Müller
- Schnitt: Brigitte Kirsche