Mit der dreiaktigen Oper "Les Paladins" versuchte Jean-Philippe Rameau (1683 - 1764) - ähnlich wie mit der erfolgreichen Comédie-lyrique Platée - sein Publikum zu schockieren. Zu diesem Zweck suchte er einen Stoff, der ihm die Möglichkeit zur Parodie bot und dem Geschmack der Zeit entsprach. Er fand ihn in einer Fabel von Jean de La Fontaine, die den Vormund-Mündel-Stereotypen der Neapolitanischen Opera Buffa nachgebildet ist: Anselme, ein älterer Mann, liebt die junge Argie und will diese - und natürlich ihre Mitgift - ehelichen. Anselme ist zugleich Vormund von Argie, die sich ihrerseits vor Sehnsucht nach dem jungen Atis verzehrt. Natürlich geht diese Verwicklung gut aus. Als Manto als maurische Sklavin erscheint und Anselme ihre Liebe erklärt, taucht Argie überraschend auf und überschüttet ihn mit Vorwürfen wegen seiner Treulosigkeit. Verärgert entsagt Anselme seinen amourösen Plänen. Damit ist der Weg frei für die Verbindung von Argie und Atis, die sich am Ende verliebt in die Arme schließen. Das Chatelet-Theater in Paris zeigt diese barocke Oper in einer äußerst unkonventionellen, witzigen und respektlos-kritischen Aktualisierung. José Montalvo, Bühnen- und Videoregisseur, Bühnenbildner und Ko-Choreograf in Personalunion, macht aus diesem dreiaktigen Comédie-ballet ein virtuoses Multimediaspektakel, in dem große Kunst und gegenwartsnahe Unterhaltung zu einem digitalisierten Gesamtkunstwerk verschmelzen. Verkleidungen aller Art lassen Atis und sein Gefolge als Pilger erscheinen, als Furien oder einfach nette junge Leute, die Spaß haben wollen und gleichzeitig jede Form von Eifersucht bekämpfen. Kostümbildner Dominique Hervieu stellt jeder Figur als Alter Ego einen oder mehrere Tänzer bei, die das Nicht-Gesagte sichtbar machen. Zur Uraufführung verfügte Rameau über 38 Tänzer, unter ihnen der berühmte Gaétan Vestris. Dem setzen Montalvo und Choreograf Dominique Hervieu Hip-Hopper, Breakdancer, Akrobaten und klassische Tänzer entgegen, die einen britischen Kritiker zu der Bemerkung veranlassten: "Baroque that rocks!".
(ZDF)