Die BRD 1957. Wirtschaftswunderzeit. In der fränkischen Kleinstadt Coburg wird Geschäftliches zwischen dem Bürgermeister, dem Bankdirektor und dem Baulöwen Schuckert vorzugsweise bei Schampus im örtlichen Bordell, der "Villa Fink", besprochen. Der Star des Etablissements ist die bezaubernde Marie-Luise, bei den Männern besser bekannt unter dem Namen "Lola". Als jedoch ein neuer Baudezernent seine Stelle antritt, Herr von Bohm, ein korrekter Gentleman aus Ostpreußen, wird das lukrative Geschacher um Aufträge zunehmend schwierig. Denn so wirtschaftsfreundlich der neue Mann ist, so unbestechlich ist er auch. Von Bohm lernt Marie-Luise kennen und verliebt sich in die junge alleinerziehende Mutter, ohne jedoch über ihr Doppelleben als "Lola" in der "Villa Fink" Bescheid zu wissen. Als er seine Geliebte heiraten will, kommt heraus, dass sie im Bordell arbeitet und Schuckerts "persönliche Hure" ist. Angewidert stellt sich von Bohm den korrupten Strukturen entgegen und versinkt dabei immer tiefer im Morast.Angelehnt an Heinrich Manns Roman "Professor Unrat", wird das Thema der bürgerlichen Doppelmoral in "Lola" satirisch und in stilisierter Form erzählt. Fassbinder zeichnet kein realistisches Bild der 50er-Jahre, sondern schafft sich mit stilistischen Mitteln wie der künstlichen Farb- und Lichtgebung oder dem Einsatz auffälliger Blenden und Kamerabewegungen seine eigene Welt; eine Welt, in der die moralischen, politischen und emotionalen Bankrotterklärungen der Zeit umso schärfer auf den Punkt gebracht werden können.
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Mit seinem drittletzten Film "Lola" schloss Fassbinder seine Wirtschaftswunder-Trilogie ("Die Ehe der Maria Braun" (1979), "Die Sehnsucht der Veronika Voss" (1982), "Lola" (1981)) ab, in der er mit der alten BRD der Adenauer-Zeit abrechnete. Verglichen mit der bleiernen Schwere des Melodramas im ersten Teil der Trilogie und der desillusionierten Trümmerlandschaft im (chronologisch) zweiten ist dieser Film fast heiter. Denn das herausragende Darstellerensemble des Films verleiht ihm eine Spielfreude, Leichtigkeit und Souveränität, die in Fassbinders Werk keine Selbstverständlichkeit ist.
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Länge: ca. 113 min.
Deutscher Kinostart: 20.08.1981
FSK 16
Cast & Crew
- Regie: Rainer Werner Fassbinder
- Drehbuch: Pea Fröhlich, Peter Märthesheimer, Rainer Werner Fassbinder
- Produktion: Horst Wendlandt, Michael Bohnstengel, Michael McLernon, Stephan Pfleger, Thomas Schühly, Trio Film
- Produktionsauftrag: WDR
- Produktionsfirma: Rialto Film, WDR
- Musik: Peer Raben
- Kamera: Xaver Schwarzenberger, Helmut Gassner
- Schnitt: Juliane Lorenz
- Maske: Edwin Erfmann
- Regieassistenz: Karin Viesel
- Ton: Vladimir Vizner