Der deutsche Jagdflieger Franz von Werra gerät 1941 in britische Gefangenschaft. Ihm gelingt eine schier unmögliche Flucht: 'Einer kam durch' - so hieß 1957 der britische Film, der die Flucht nacherzählte und den deutschen Schauspieler Hardy Krüger berühmt machte. Das ist der bekannte Teil der Geschichte. 'Von Werra' versucht, die 'ganze' Geschichte zu erzählen: Die Biografie eines jungen Mannes, der in Nazi-Deutschland Militär-Karriere machte und eine Art Pop-Idol wurde, in Konfrontation mit der des Schauspielers, der ihn in der Nachkriegszeit auf der Leinwand verkörperte und dem durch diese Rolle der Sprung nach Hollywood gelang. Was weder die Nazi-Propaganda noch der Spielfilm wussten: Der von Goebbels gepriesene 'Sohn unseres Volkes' war ursprünglich Schweizer. Die adelige Familie war durch eine Intrige verarmt und hatte die beiden jüngsten Kinder, Franz und seine Schwester Emma, als Adoptivkinder nach Deutschland gegeben. In ihrem Heimatort hieß es, sie seien verkauft worden. Aber auch das Schicksal der Adoptionsfamilie sollte von wirtschaftlichem Niedergang gekennzeichnet sein. Zeitlebens sind die beiden Geschwister auf diese Weise in gleich zwei finstere Familiengeschichten verwickelt. Die Jagdfliegerei wurde für den jungen Franz zum persönlichen Wiederaufstieg; eine Mischung aus Sport, Kriegsspiel und Krieg, Individualismus und Karriere. Erst heute weiß man, dass er die Heldentaten, die aus ihm den bewunderten und gefeierten Kommandeur eines Jagdgeschwaders machten, zum Teil frei erfunden hat. Wenige Monate nach der spektakulären Flucht aus englischer Gefangenschaft kommt er bei einem Übungsflug ums Leben; ein Tod, der heute noch Fragen offen lässt. 12 Jahre nach Kriegsende also zeigt ein englischer Film den einstigen Star der Nazi-Kriegspropaganda als mutigen und freiheitsdurstigen Kino-Helden - vollkommen frei von eventuellen faschistischen Verstrickungen. Ein jungenhaft blonder Hardy Krüger stellt ihn dar, für den die Rolle zum Glücksfall wird. Krüger selbst erzählt von den Parallelen und Unterschieden, die sein Leben mit von Werra verbinden. In seinem ersten Film 1944 hatte er einen flugbegeisterten Pimpf gespielt; auf dem Set war er von Schauspielerkollegen zum Antifaschismus bekehrt worden. Unterhaltung, Militär und Privatleben erklären sich gern und oft - und in unglaubwürdiger Weise - für unpolitisch. Werner Schweizer, seit 'Noel Field - der erfundene Spion' in biografisch-politischen Recherchen geübt, hat einen neuen, spannenden und materialreichen Stoff gefunden mit überraschenden Antworten und neuen Fragen.
(tagesschau24)
Länge: ca. 110 min.
Deutscher Kinostart: 20.11.2003
Cast & Crew
- Regie: Werner Schweizer
- Drehbuch: Wilfried Meichtry, Werner Schweizer, Martin Witz
- Produktion: Susa Katz, Esther van Messel, Dschoint Ventschr Filmproduktion AG, Lichtblick Film-
- Kamera: Pio Corradi, Werner Schweizer, Felix von Muralt
- Schnitt: Kathrin Plüss