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TV-Kritik/Review: "Crime": Finstere Serienkillerhatz aus der Feder von Kultautor Irvine Welsh

von Christopher Diekhaus
(26.05.2022)
Unter Strom stehender Ermittler ist mit neuer Kollegin dem Bösen auf der Spur
Ray Lennox (Dougray Scott) und Amanda Drummond (Joanna Vanderham) sind auf der Jagd.
BritBox
TV-Kritik/Review: "Crime": Finstere Serienkillerhatz aus der Feder von Kultautor Irvine Welsh/BritBox

Bekanntheit erlangte der schottische Schriftsteller Irvine Welsh bereits mit seinem Debütroman "Trainspotting", der tief in das Junkiemilieu seiner Heimatstadt Edinburgh abtaucht. Danny Boyle setzte diesem inhaltlich wie stilistisch kühnen Buch mit seiner gleichnamigen Leinwandadaption ein Denkmal und zementierte den Kultstatus der kontrovers diskutierten Literaturvorlage. Nachdem mehrere Arbeiten Welshs zu Filmen gemacht worden waren, entstand mit  "Crime" die erste Serienproduktion auf Basis eines seiner Werke. Gemeinsam mit Dean Cavanagh ("Creation Stories") entwickelte der Schotte höchstpersönlich einen sechs Folgen umfassenden Polizeithriller, der bereits Ende 2021 seine Premiere auf dem Streaming-Service BritBox feierte.

Kennern des Romans wird sofort auffallen, dass die Serie im Grunde nur einen kleinen Teil des Ursprungstextes aufgreift, nämlich die Backstory des nervlich massiv angeschlagenen Ermittlers Ray Lennox, der nach einem aufwühlenden Fall nach Florida flüchtet, um dort etwas Ruhe zu finden. Anders als das hauptsächlich im Südosten der USA angesiedelte Buch spielt die Adaption in Edinburgh und erforscht das, was in der Vorlage bloß bruchstückhaft in Form von Rückblenden vermittelt wird.

In der Auftaktfolge von "Crime" bekommt der ruppige Detective Inspector Lennox (Dougray Scott) von seinem Chef (Ken Stott) mit Amanda Drummond (Joanna Vanderham) eine neue junge Partnerin zugeteilt, da sich sein langjähriger Kollege Eddie Rodgers (Gordon Kennedy) in den Ruhestand verabschiedet. Die Entscheidung ihres Vorgesetzten erfreut weder ihn noch sie. Und so muss es nicht verwundern, dass sich die beiden zunächst etwas beharken, anstatt an einem Strang zu ziehen. Ray lässt den erfahrenen, abgeklärten Cop raushängen und stellt Amanda sogar einmal bloß. Trotz ihres Altersunterschieds kuscht sie allerdings nicht, sondern gibt ihm deutlich zu verstehen, dass er sich sein herablassendes Gehabe schenken kann. Mansplaining hat schließlich ausgedient!

Ray Lennox (Dougray Scott) wächst der neue Fall über den Kopf.
Ray Lennox (Dougray Scott) wächst der neue Fall über den Kopf. BritBox

In eine Richtung zu marschieren ist umso wichtiger, weil das Gespann einen äußerst brisanten Fall bearbeitet. Auf dem Weg zur Schule ist die 13-jährige Britney Hamil (Paige Green) spurlos verschwunden. Und sehr früh glaubt Lennox, Verbindungen zu den Verbrechen eines berüchtigten Serienkillers zu sehen, der vor einigen Jahren eigentlich gefasst wurde. Haben er und seine Kollegen damals womöglich den falschen Mann erwischt? Eine Frage, die dem Polizisten schwer zu schaffen macht, wie auch Drummond schnell begreift.

Dass Ray mit den Erfahrungen seines harten Jobs kämpft, einen immer größeren Druck verspürt, verrät schon seine manchmal drastische Wortwahl. Seine Aufgabe sei es, so sagt er an einer Stelle, Menschen wie den Entführer der kleinen Britney komplett auszulöschen. In diesem Augenblick spricht kein rational vorgehender Ermittler, sondern ein Racheengel, der, das deutet sich ebenfalls rasch an, in jungen Jahren etwas Schlimmes erlebt haben muss. Seine Wut auf Kinderschänder ist persönlich motiviert. Das zumindest legen kryptische Flashbacks nahe.

Wie man es aus vielen Krimierzählungen kennt, schlägt sich der Protagonist mit einem Alkoholproblem herum, besucht eine Selbsthilfegruppe, gerät durch den neuen Fall aber in Versuchung, sich dem Hochprozentigen wieder hemmungslos hinzugeben. Hier und da versucht Lennox, seine Anspannung mit Sarkasmus zu überspielen. Und doch ist er ein Pulverfass, das jederzeit in die Luft gehen könnte. Seinem Wunsch, endlich Dampf abzulassen, all seine Frustration einfach in die Welt zu schreien, scheint er mehrfach nachzugeben. Allerdings erweisen sich diese Ausbrüche, etwa gegenüber seinem Chef, oft als imaginiert. Das Eintauchen in den Kopf der Hauptfigur, ein wirkungsvoller Kniff, unterstreicht einmal mehr, wie nahe der Detective Inspector dem Abgrund ist. Rays Getriebenheit, seine Dämonen werden nicht zuletzt in Dougray Scotts intensiver Darbietung greifbar, beschert "Crime" den ein oder anderen Höhepunkt.

Am liebsten würde Ray Lennox (Dougray Scott) den Druck und den Schmerz einfach wegbrüllen.
Am liebsten würde Ray Lennox (Dougray Scott) den Druck und den Schmerz einfach wegbrüllen. BritBox

Fans des wilden, exzessiven Stils, mit dem Irvine Welsh bekannt wurde, könnten jedoch ein bisschen verwundert sein über die von ihm selbst kreierte Serie. Die Stimmung ist, gleich von den ersten Szenen an, grimmig und unheilvoll. Häufig fallen böse Schimpfworte. Den Wahnsinn, den etwa die Adaption von "Drecksau" lostritt, sucht man hier aber vergeblich. Erstaunlich oft arbeiten die Schöpfer, zumindest in den für diese Kritik gesichteten ersten beiden Folgen, mit vertrauten, also nicht sehr originellen Genrebausteinen und verfallen mitunter selbst den größten Klischees. Die obligatorische, in jeder zweiten Krimiproduktion auftauchende Zettel- und Bilderwand, die die Obsession eines labilen Ermittlers illustrieren soll, kommt beispielsweise auch in "Crime" zum Einsatz.

Obschon die Suche nach dem Täter Neugier weckt, fühlt sich das Abklappern der Spuren nach einem Drittel der Gesamtlaufzeit noch nicht besonders ausgeklügelt an. Ein nebenbei angerissener Mordfall, um den sich der vulgäre, stets übellaunige Dougie Gillman (Jamie Sives) kümmert, könnte in Zusammenhang mit Rays und Amandas Nachforschungen stehen und dem Ganzen zusätzliches Gewicht verleihen. Sicher ist es löblich, dass Welsh und Cavanagh bemüht sind, ihren Stoff mit gesellschaftlicher Relevanz aufzuladen. Bisweilen werden die Themen - vor allem sexuelle Belästigung, weibliche Gleichberechtigung und die Frage nach Einheit oder Aufspaltung Großbritanniens - aber arg explizit in den Dialogen verhandelt. Ein weiterer Grund, warum sich nach Sichtung von zwei Episoden ein eher durchwachsener Eindruck einstellt.

Dieser Text basiert auf der Sichtung der ersten beiden von insgesamt sechs Folgen der Serie "Crime".

Meine Wertung: 3/5

Die Serie "Crime" ist ab dem 26. Mai 2022 bei MagentaTV zu sehen.


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