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TV-Kritik/Review: "Extraordinary": Alles, außer gewöhnlich
(25.01.2023)
Im Disney+-Bereich Star, der eher erwachseneres Publikum ansprechen soll, befindet sich ab sofort die Superhelden-Comedy-Serie
Jen, eine junge Frau Anfang 20, hat ein Problem: Sie hat nicht, wie in der Welt üblich, an ihrem 18. Geburtstag eine Superkraft entwickelt. Mehrere Jahre wartet sie darauf, womöglich fliegen zu können, mit Toten zu kommunizieren oder sich unsichtbar zu machen. Doch vergeblich, Jen fristet einen gewöhnlichen Alltag: Sie wohnt gemeinsam mit ihren Freunden in einer großen Londoner Wohnung, arbeitet in einem Partybekleidungsgeschäft und kann auch über ihr Liebesleben nicht klagen.
Doch alles nebensächlich, denn was zählt schon ein Dach überm Kopf, wenn man nicht per Gedankenkontrolle Wasser in biologisch und soziologisch fair-abgebauten Arabica-Kaffee verwandeln kann. Man merkt, "Extraordinary" muss, um seinen Standpunkt zu machen, anderswo einsparen. Natürlich ist es das Ziel der Serie, die Formel "Jeder-ist-was-Besonderes" mitzuteilen, versucht dabei jedoch darauf zu achten, in diesem 21. Jahrhundert bereits verschossene Klischees nicht nochmal aufzubrühen.
Und das gelingt nicht so ganz. Dafür gelingt der Serie die Verpackung: Sie ist spritzig in Wort und Bild, hat ein für das Format angemessen schnelles Tempo und verliert sich nicht in Gefühlsduselei. Nicht jeder kann sich Identitätskrisen leisten, schon gar nicht in einer Zeit, in der nicht mehr nur verbal geschossen wird. Sich da einer weißen Cis-Frau anzunehmen, die alles hat im Leben außer besagte intrinsische Jura-Espressomaschine, fällt schwer. Woran sich dann noch festhalten, wenn nicht an britischem Humor, schrillen Figuren und originellen Superkräften?
Denn was Autorin Emma Moran offenlässt, ist die Frage nach dem Vorteil. So ist die überdurchschnittlich starke Schwester von Jen, eine arrogante Göre. Ihre beste Freundin Carrie (Sofia Oxenham) hingegen, deren Spiritismus von erbstreitenden Kindern ausgenutzt wird, sieht ihre Fähigkeit als Bürde, schafft jedoch auch komische Momente, wenn sie zum Beispiel den Geist Adolf Hitlers an den Esstisch bringt. Auch Jens Mutter weiß mit ihrer Gabe, technische Geräte zu kontrollieren, nichts anzufangen, da sie von Technik nichts versteht.
Doch leider verpasst "Extraordinary" bei all den guten Ideen die Überraschung. Humorvolle Szenen werden schnell aufgelöst, die Handlung selbst ist dabei übergreifend nie spannender als die nächste Pointe, weil Handlung und politische Botschaft von vornherein klar sind. Akzeptanz ist dabei das verbindende Element, denn genauso wie Jen ihre Situation zu akzeptieren hat, muss das Publikum ihre Umstände akzeptieren. Dass daraus ein tolerantes Verhältnis entsteht, hat ja schon mal sein Gutes - und die Serie womöglich ihr Ziel erreicht.
Diese Rezension basiert auf der Sichtung der ersten beiden Episoden von "Extraordinary".
Die achtteilige erste Staffel von "Extraordinary" ist seit dem 25. Januar bei Disney+ verfügbar.
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