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TV-Kritik/Review: "Mord im Auftrag Gottes": Pulsierende Krimiserie nach wahrem Fall seziert religiösen Fundamentalismus

von Christopher Diekhaus
(13.12.2022)
Grausamer Doppelmord führt frommen Ermittler zu zwielichtigen Glaubensbrüdern
Detective Jeb Pyre (Andrew Garfield) bekommt es mit einem persönlich aufwühlenden Fall zu tun.
Hulu
TV-Kritik/Review: "Mord im Auftrag Gottes": Pulsierende Krimiserie nach wahrem Fall seziert religiösen Fundamentalismus/Hulu

Internationale Bekanntheit erlangte der US-amerikanische Autor und Bergsteiger Jon Krakauer durch die Verfilmung seines Tatsachenwerks "Into the Wild" (deutsch: "In die Wildnis"). 2007 kam die von Sean Penn inszenierte Adaption rund um einen jungen Aussteiger, der in der Einsamkeit Alaskas den Tod fand, in die Kinos und erhielt überwiegend positive Kritiken. Als eine von mehreren Inspirationsquellen diente außerdem Krakauers eigener Erlebnisbericht "Into Thin Air" (deutsch: "In eisige Höhen") für den Katastrophenblockbuster  "Everest", in dem eine fatal verlaufene Besteigung des höchsten Berges aus dem Jahr 1996 nachgezeichnet wird. Mit  "Mord im Auftrag Gottes", erscheint hierzulande bei Disney+ nun eine in den Staaten bereits Mitte 2022 über den Streamingdienst Hulu veröffentlichte True-Crime-Miniserie, die auf einem Buch des Schriftstellers basiert. Erwarten darf man, das zeichnet sich schon in den Einstiegsfolgen ab, eine knisternd-beunruhigende Auseinandersetzung mit der Frage, wie zerstörerisch religiöser Eifer sein kann.

Schauplatz der von Dustin Lance Black ( "When We Rise") kreierten siebenteiligen Erzählung ist eine fiktive Kleinstadt namens East Rockwell im US-Bundesstaat Utah, dem Stammland der Mormonen, einer Gruppe von Glaubensgemeinschaften, die sich nicht nur auf die Bibel berufen. Wie viele andere Menschen aus der Region gehört auch der Polizist Jeb Pyre (Andrew Garfield) der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage (im Deutschen kurz HLT genannt) an, der heute größten Gruppe unter den verschiedenen Mormonenzweigen. Noch bevor er zu einem abendlichen Einsatz gerufen wird, versammelt er seine Familie, um gemeinsam zu beten und Gottes Gnade zu empfangen.

Anschließend führt ihn sein Weg zum Schauplatz eines Doppelmordes, dessen Grausamkeit wir allein anhand von Jebs Reaktionen ablesen können. Langsam tastet sich der Ermittler, für den Tötungsdelikte offenkundig nichts Alltägliches sind, im Haus der Opfer voran, tigert um eine große Blutlache in der Küche herum, wobei die Leiche der Bewohnerin Brenda Lafferty (Daisy Edgar-Jones) nie in Gänze zu sehen ist. Noch schlimmer scheint der Anblick im Zimmer ihrer kleinen Tochter, das Pyre gar nicht richtig betreten mag. Sein angewiderter Gesichtsausdruck spricht Bände, lässt unser Kopfkino anspringen und muss nicht um explizite Schockaufnahmen ergänzt werden, um dem Betrachter einen Schauer über den Rücken zu jagen. Bezeichnenderweise ringt auch ein vor dem Haus sitzender Streifenpolizist um Fassung.

Bill Taba (Gil Birmingham, links) und Jeb Pyre (Andrew Garfield, rechts) sind bei den Ermittlungen nicht immer einer Meinung.
Bill Taba (Gil Birmingham, links) und Jeb Pyre (Andrew Garfield, rechts) sind bei den Ermittlungen nicht immer einer Meinung. Hulu

Als auf der Straße plötzlich Brendas blutverschmierter Ehemann Allen (Billy Howle) auftaucht, fallen, so sieht es aus, alle Puzzlestücke an ihren Platz. Im Verhör beteuert der Verdächtige jedoch seine Unschuld und berichtet von Männern mit altmodischen Bärten, die ihn und seine Familie verfolgt hätten. Was den Fall für Jeb speziell und kompliziert macht: Die Laffertys meint er, flüchtig aus einer HLT-Gemeinde zu kennen. Inzwischen hat Allen allerdings der Kirche den Rücken gekehrt und gibt zu Protokoll, dass er es bereue, seine Frau in seine erzkonservative, angeblich bis in die mormonische Gründungszeit nachzuverfolgende Sippe eingeführt zu haben.

Während sein Kollege, der in Mordsachen erfahrene Detective Bill Taba (Gil Birmingham), das scheußliche Verbrechen mit einer eher pragmatisch-nüchternen Haltung angeht, wird die Suche nach Antworten für Pyre schnell zu einer persönlichen Angelegenheit. Wie steht er zu seinem Glauben? Hat Allen mit seinen aus eigener Erfahrung gespeisten kritischen Bemerkungen vielleicht Recht? Bringt ihr religiöses System tatsächlich, wie er sagt, gefährliche Männer hervor? All das, wofür Jeb lebt und auf das er vertraut, gerät mehr und mehr ins Wanken, auch wenn er in den Gesprächen immer wieder betont, es ginge hier nicht um ihn. Eine beachtliche Grundspannung stellt sich schon deshalb ein, weil das übliche Verhörschema ständig aufgebrochen wird. Allen überrumpelt den Polizisten mit pikanten Fragen, drängt ihn mehrfach in die Defensive.

Allen Lafferty (Billy Howle), Ehemann bzw. Vater der beiden Mordopfer, wirft im Verhör brisante Fragen auf.
Allen Lafferty (Billy Howle), Ehemann bzw. Vater der beiden Mordopfer, wirft im Verhör brisante Fragen auf. Hulu

Dass Jebs eigentlich so gut geordnete Welt einzustürzen droht, diesen Eindruck vermittelt die Miniserie sehr eindringlich über die nur selten wirklich zur Ruhe kommende Kamera. Von Anfang an steckt etwas Rastlos-Nervöses in den Bildern. Und auch der manchmal fiebrige Schnittrhythmus produziert ein Gefühl der Verunsicherung. "Mord im Auftrag Gottes" zieht vom Start weg ordentlich an und schafft es, das Brodeln kontinuierlich zu steigern, was längst nicht jeder Krimi für sich reklamieren darf.

Andrew Garfields intensive, zwischen Zweifel und Entschlossenheit oszillierende Darbietung trägt ebenso zur Sogkraft bei wie die Entscheidung der Autoren rund um Showrunner Dustin Lance Black, die Gegenwartsebene um ausgedehnte Rückblenden zu erweitern. Auf diese Weise lernen wir Brenda Lafferty genauer kennen und werden Zeugen, wie sich ihre Eingliederung in die vielköpfige Familie ihres Gatten vollzieht. Unheilvolle Schwingungen liegen bereits beim ersten Treffen in der Luft. Sind solche "Antrittstermine" generell mit einer Portion Unbehagen verbunden, kommt hier erschwerend hinzu, dass alle Anwesenden beobachten, ob sich Allens Auserwählte in die durch den Glauben vorgegebene Struktur einfügt, ihren "rechtmäßigen Platz", wie es ständig heißt, einzunehmen bereit ist. Frauen, das kristallisiert sich rasch heraus, sorgen im Lafferty-Universum gemäß den strengen mormonischen Regeln dafür, dass die Männer, die wahren Heiligen der Letzten Tage, aufrecht stehen können. Sie sind Stützen, sollen auf Anweisung behilflich sein, aber nur ja nicht selbst aktiv werden. Brenda kommt zwar ebenfalls aus einem mormonischen Haushalt, wurde dort jedoch liberaler erzogen, verfolgt daher berufliche Ambitionen und scheut nicht davor zurück, selbst mit dem Heiligen Geist in Kontakt zu treten.

Mordopfer Brenda Lafferty (Daisy Edgar-Jones) lässt sich nicht verbiegen.
Mordopfer Brenda Lafferty (Daisy Edgar-Jones) lässt sich nicht verbiegen. Hulu

Knallharte patriarchale Denkmuster vs. weibliche Selbstbestimmung - "Mord im Auftrag Gottes" schneidet ein wichtiges Thema an, das in Filmen und Serien seit geraumer Zeit stärker beleuchtet wird. Relevanz und Dringlichkeit besitzt die Hulu-Produktion allerdings nicht nur deswegen. Erschreckend aktuell fühlt sich zudem die Wagenburgmentalität des Lafferty-Clans an. Allens Familie sieht sich vom Staat drangsaliert, beruft sich kraft ihres Glaubensgründers auf die absolute Freiheit, sieht in jedem Hindernis bloß eine göttliche Prüfung, die es zu bestehen gilt, und verdreht das starke Gemeinschaftsgefühl (Devise: "Zusammen schaffen wir alles!") zu einer bedrohlichen Wir-gegen-die-Ideologie. Der Plot mag in den 1980er Jahren spielen, allzu weit entfernt ist dieses Denken jedoch nicht vom Konfrontationskurs heutiger, das Kapitol stürmender amerikanischer Staatsverächter oder den Überlegungen der jüngst in Deutschland ausgehobenen, offenbar zum großen Schlag bereiten Reichsbürgergruppierung.

Auf einer zweiten Flashbackebene tauchen wir in die Entstehungszeit des Mormonentums ein, erhalten Informationen über Gründer Joseph Smith (Andrew Burnap) und seinen steinigen Weg. Dieser sich teilweise regelrecht gewaltsam zwischen die anderen Szenen schiebende Strang ist natürlich zum besseren Verständnis gedacht, wirkt in den ersten beiden Episoden, die für die Kritik gesichtet wurden, aber noch ein wenig aufgepfropft. Viel mehr zu monieren gibt es ansonsten nicht. "Mord im Auftrag Gottes" kommt gut aus den Startlöchern und sollte in der Lage sein, das Spannungslevel zu halten.

Dieser Text basiert auf der Sichtung der ersten beiden von insgesamt sieben Folgen der Miniserie "Mord im Auftrag Gottes".

Meine Wertung: 4/5

Die Miniserie "Mord im Auftrag Gottes" ist ab dem 14. Dezember bei Disney+ verfügbar.


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Leserkommentare

  • User 65112 schrieb am 15.12.2022, 13.38 Uhr:
    Wow, die Serie ist wirklich gut! Ich würde sogar 5 Sterne vergeben.