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"Club der roten Bänder"-Spin-Off besticht durch hervorragende Darstellerleistungen
"Tonis Welt": Toni (Ivo Kortlang) und Valerie (Amber Bongard)
TVNOW/Boris Breuer
TV-Kritik/Review: "Tonis Welt": Ein ganz besonderes Paar startet durch/TVNOW/Boris Breuer

Mit seiner ersten eigenproduzierten Dramaserie  "Club der roten Bänder" feierte VOX vor über fünf Jahren einen gigantischen Erfolg und konnte Kritiker wie Zuschauer gleichermaßen begeistern. Als besonders beliebte Figur stellte sich die des Asperger-Autisten Anton "Toni" Vogel heraus, der als "der Schlaue" die Gruppe nicht nur zusammenhielt, sondern auch eigene Herausforderungen meisterte. Bereits 2018, nicht einmal ein Jahr nach Ausstrahlung der letzten Folge, liebäugelte der Sender mit einem Spin-Off, das ihn ins Zentrum stellen sollte. Nach einer längeren Entwicklungsphase geht nun im Rahmen der TVNOW-Fiction-Offensive das Format  "Tonis Welt" sowohl beim Streamingdienst als auch linear an den Start.

Porträtiert wird Toni erneut von Ivo Kortlang, darüber hinaus kehrt Amber Bongard in ihrer Rolle als Valerie, die am Tourette-Syndrom leidet, zurück. Ebenfalls im Cast befinden sich mit Armin Rohde ( "The Jungle Book",  "Nachtschicht") und Kai Schumann ( "Heldt",  "Tatort") zwei äußerst prominente Namen. Hinter den Kulissen kam ein Großteil des "Club"-Teams wieder zusammen: Als Produktionsfirma fungiert Bantry Bay, während Gerda Müller als Produzentin und Tobias Ketelhut als Producer verantwortlich zeichnen. Die Drehbücher stammen aus der Feder von Elena Senft, die Regie übernahmen Felix Ahrens und Felix Binder.

Toni (Ivo Kortlang) hat sich für das Abendessen mit Valerie, ihrer Mutter und deren Freund herausgeputzt.
Toni (Ivo Kortlang) hat sich für das Abendessen mit Valerie, ihrer Mutter und deren Freund herausgeputzt. TVNOW/Martin Rottenkolber

Seit über einem Jahr sind Toni und Valerie ein glückliches Paar, den "Club der roten Bänder" gibt es nicht mehr und auch Tonis Großvater ist mittlerweile verstorben. Die Serie beginnt allerdings auf einer anderen Beerdigung: der von Valeries Oma. Toni wundert sich, warum ihre Mutter Anja (Nora Boeckler) nicht dabei ist, woraufhin ihm Valerie entgegnet, diese habe ihre Oma gehasst. Welch schwieriges Verhältnis auch Mutter und Tochter zueinander haben, wird bei einem gemeinsamen Abendessen deutlich, bei dem Toni erstmals Anja und deren Freund kennenlernt. Völlig unverblümt, wie es nun einmal seine besondere Art ist, fragt Toni Anja, warum sie ihre Mutter gehasst habe. Nur eine von vielen Situationen, in denen der Zuschauer in ein Wechselbad der Gefühle geworfen wird: Einerseits sträuben sich einem die Nackenhaare, andererseits fragt man sich: Darf ich darüber jetzt lachen?

Generell stellt sich Anja als absolute Rabenmutter heraus und macht, trotz der Tourette-Erkrankung ihrer eigenen Tochter, aus ihrem beschränkten Weltbild keinen Hehl. Dies wird vor allem wenig später in einem Vier-Augen-Gespräch mit ihrem Freund Lars (Philip Bender) in der Küche deutlich, als sie abfällig zu ihm sagt: Der Typ ist behindert, Lars! Meine Tochter datet einen Behinderten. Der ist behindert, oder?! Als Lars erwidert, es müsse auch ein paar crazy Leute auf der Welt geben, antwortet Anja taktlos: Ja, aber die müssen doch nicht mit meiner Tochter zusammen sein! Die hat's schwer genug mit ihrem Scheiß. Ein absolut aufrüttelnder Dialog, der einem die nach wie vor in der breiten Gesellschaft verankerte Diskriminierung (nicht nur) von Menschen mit Behinderung vor Augen führt.

Dietz (Sahin Eryilmaz, l.) gibt Toni gute Ratschläge für dessen Zukunft.
Dietz (Sahin Eryilmaz, l.) gibt Toni gute Ratschläge für dessen Zukunft. TVNOW/Martin Rottenkolber

Da Anja das Haus von Valeries Oma geerbt hat und es so schnell wie möglich loswerden will, beschließen Valerie und Toni, es zu kaufen - obwohl beide nicht ansatzweise über die finanziellen Mittel verfügen. Resigniert erzählt Valerie ihrem Freund, wie schön die Zeiten im Dorf ihrer Oma waren, dass dort jeder akzeptiert und als normal angesehen wurde. Mit dem nachdenklichen Satz Vielleicht ist es manchmal auch einfach schöner, normal zu sein als besonders löst sie nicht den letzten Gänsehautschauer beim Zuseher aus. Toni möchte ihr unbedingt zeigen, dass er nicht nur ein Mann für ein gemeinsames Haus, sondern auch fürs Leben ist, und verkauft kurzerhand seine über alles geliebte Modelleisenbahn. Mit dem Geld können sie einen Kredit aufnehmen und sich tatsächlich den Traum vom nächsten Schritt ihrer Beziehung, für den Toni sogar seinen Job im Krankenhaus bei Pfleger Dietz (in einem Gastauftritt: Sahin Eryilmaz) aufgibt, erfüllen.

Kurz darauf machen sich die beiden mit ihrem Hab und Gut auf ins fiktive Enzbach, ein verschlafenes Dorf mitten in der Pampa im Landkreis Kaiserslautern. Doch schon die Ankunft verläuft ziemlich ernüchternd: Das Haus ihrer Oma ist inzwischen eine einzige Bruchbude und die Dorfgemeinschaft reagiert zunächst ziemlich irritiert und ablehnend auf die Neuankömmlinge.

Dr. Schmieta (Armin Rohde, l.) versucht vergeblich, sich den ambitionierten Toni vom Hals zu halten.
Dr. Schmieta (Armin Rohde, l.) versucht vergeblich, sich den ambitionierten Toni vom Hals zu halten. TVNOW/Martin Rottenkolber

Damit zumindest etwas Geld in die Kasse kommt, bittet Toni beim einzigen Arzt im ganzen Dorf, Dr. Alfred Schmieta, um eine Stelle als Assistent. Verkörpert wird dieser von niemand Geringerem als Armin Rohde, der mit außerordentlicher Spielfreude der Figur einen derart griesgrämigen und gereizten Charakter verleiht, dass es eine Freude ist. Obwohl er Toni mehrfach - und noch dazu überdeutlich - zu verstehen gibt, dass er dessen Hilfe nicht braucht, wird er ihn einfach nicht los. Toni lässt einfach nicht locker und folgt dem Arzt sogar zu sämtlichen Hausbesuchen - ein gelungener Running Gag in der zweiten Folge.

Valerie versucht derweil, sich mit Reparaturarbeiten im Haus die Zeit zu vertreiben, und trifft wenig später auf dem Parkplatz eines Baumarktes auf ihre alte Freundin Clara (Lea Zoe Voss), mit der sie in ihrer Kindheit viel Zeit in Enzbach verbracht hat. Clara ist das komplette Gegenteil zu Valerie: modebewusst, aufgetakelt und mitunter - wie auch Teile ihrer Familie - recht oberflächlich. Umso erstaunlicher ist es, dass sie trotz Valeries Tourette-Syndrom auch nach all den Jahren noch an der gemeinsamen Freundschaft festhält. Allerdings bleibt die Figur zumindest in den ersten beiden Folgen recht eindimensional und farblos, wenngleich der Besuch von Valerie bei einer Gartenparty von Claras Eltern im Gedächtnis bleibt, da dieser völlig aus dem Ruder läuft und erneut durch unfreiwillige Komik besticht.

Toni kümmert sich rührend um die alte Frau Bohlmann (Doris Plenert) - und hinterlässt durchaus Eindruck bei Dr. Schmieta.
Toni kümmert sich rührend um die alte Frau Bohlmann (Doris Plenert) - und hinterlässt durchaus Eindruck bei Dr. Schmieta. TVNOW/Martin Rottenkolber

Nichtsdestotrotz lassen sich auch kleinere Schwächen im Drehbuch feststellen. So gibt es durchaus einige leicht vorhersehbare Situationen, etwa als Toni im Beisein von Dr. Schmieta eine demenzkranke, geistig abwesende Patientin mittels Singen zurück ins Diesseits holt, oder eben die bereits erwähnte Gartenparty. Allerdings dürften sowohl neue Zuschauer als auch "Club der roten Bänder"-Fans leicht darüber hinwegsehen, da auch die neue Serie gespickt ist mit jeder Menge "Toni-Momenten", die das Mutterformat unter anderem so besonders gemacht haben.

Hervorzuheben sind jedoch die schauspielerischen Leistungen, allen voran der Hauptdarsteller Ivo Kortlang und Amber Bongard. Trotz ihres jungen Alters gelingt es ihnen einmal mehr auf bemerkenswerte Art und Weise, ihre Figuren mit deren Beeinträchtigungen absolut authentisch, herzerwärmend und gleichzeitig humorvoll zu verkörpern. Dadurch schaffen sie den äußerst schwierigen Spagat, dass man als Zuschauer nicht über sie, sondern mit ihnen lacht. Man kann nur erahnen, welch akribische Vorbereitung auch für dieses Spin-Off vonnöten war, um derart sensible Themen auf den Punkt in Szene zu setzen.

So kommt "Tonis Welt" absolut zur rechten Zeit. In einer Welt, in der besonders in sozialen Medien, aber auch im analogen Leben immer noch Vorurteile gegenüber Minderheiten herrschen, regt die Serie zum Nachdenken über die eigenen Einstellungen an und zeigt Wege auf, wie Inklusion erfolgreich praktiziert werden kann. Es bleibt zu hoffen, dass sie damit einen Beitrag leisten kann, damit auch das Besondere irgendwann ganz normal ist.

Dieser Text basiert auf der Sichtung der ersten beiden Episoden von "Tonis Welt".

Meine Wertung: 4.0/5

Die achtteilige erste Staffel von "Tonis Welt" läuft ab dem 14. April immer mittwochs ab 20.15 Uhr in Doppelfolgen bei VOX. On Demand stehen diese jeweils eine Woche vorab bei TVNOW zur Verfügung.


 

Über den Autor

Dennis Braun, geboren einen Tag nach dem Mauerfall, ist ein richtiges Kind der 90er und Retro-Fan. Neben schaurig-schöner Eurodance-Musik kann er sich auch heute noch an diversen Gameshows wie "Geh aufs Ganze!", "Glücksrad", "familien duell" oder "Der Preis ist heiß" erfreuen, die er damals sehr häufig bei und mit seinen Großeltern geschaut hat. Daneben hat er ein Herz für gut gemachte deutsche Comedy, die allerdings bekanntermaßen recht spärlich gesät ist. Wenngleich er kein wirklicher Serienjunkie ist, laufen ihm dennoch ab und zu ein paar Produktionen wie der "Club der roten Bänder" oder "The Strain" über den Weg, die ihn in ihren Bann ziehen. Bereits seit Januar 2013 für TV Wunschliste tätig, verstärkt er seit März 2016 auch die Newsredaktion und kennt sich besonders im nationalen Bereich gut aus.

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Leserkommentare

  • Doktor_Klinker-Emden schrieb am 14.04.2021, 09.56 Uhr:
    Super, danke für die Serien-Vorstellung. Bin sehr gespannt und würde VOX, die in Sachen Eigenproduktionen viel wagen, aber leider zu selten honoriert werden, sehr gönnen, dass sie endlich mal wieder einen Erfolg haben.
  • Katrin E.g schrieb am 13.04.2021, 18.12 Uhr:
    Hab die ersten beiden Folgen gesehen und kann dem Autor absolut recht geben. Sehr sehenswert (wie auch CdrB damals). Ich bin gespannt auf die weiteren Folgen.