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TV-Kritik/Review: Serienpreview: "Friday Night Lights"
(11.07.2009)
Eigentlich ist
In der kleinen texanischen Stadt Dillon dreht sich fast alles um Football - vielleicht auch, weil sie ihren Bewohnern sonst nicht wirklich viel zu bieten hat. Alles fiebert dem jeweils nächsten Spiel am Freitagabend entgegen. Die Panthers sind mit einem neuen Coach in die Saison gestartet und Eric Taylor (Kyle Chandler) weiß, dass er Resultate bringen muss, wenn er hier weiterhin willkommen sein will. Natürlich hat jeder seine eigenen Vorstellungen vom passenden Erfolgsrezept: Die Bürgermeisterin (Libby Villari) lässt ihr Fachwissen an den jungen Teammitgliedern aus, der Hauptsponsor Buddy Garrity (Brad Leland) setzt Taylor plötzlich einen neuen Spieler vor die Nase und über das eigene Panther Radio verbreiten vermeintliche Fans ihre Meinung über die Leistung des Teams als die einzig wahre.
All dieser Druck wirkt sich vor allem auf Coach Taylors Familie aus. Er und seine Frau Tami (Connie Britton) haben sich noch nicht einmal getraut ein permanentes Zuhause in Dillon zu finden, man könnte ja schon bald wieder weiterziehen müssen. Ihre 15-jährige Tochter Julie (Aimee Teegarden) ist den Stress schon aus anderen Städten gewohnt und nimmt die Sache recht locker. Tami findet zwar auch schnell Anschluss an das Leben in Dillon, muss sich dafür aber mit Buch-Clubs und übereifrigen Ehefrauen herumschlagen. Auch auf die Football-Schützlinge ihres Mannes hat sie fortan ebenfalls Einfluss, als sie in seiner High School als Guidance Counselor, eine Art Vertrauenslehrerin, engagiert wird - woran sich Eric erst einmal gewöhnen muss.
Die Panthers starten schließlich mit einem Sieg in die Saison, doch der hat seinen Preis. Star-Quarterback Jason Street (Scott Porter) muss schwer verletzt vom Feld getragen werden. Seine Freundin Lyla (Minka Kelly) ist entsetzt: Jason kann sich kaum noch bewegen, ist womöglich gelähmt. Coach Taylor schickt als Ersatz den noch unerfahrenen Matt Saracen (Zach Gilford) auf das Feld. Doch die einzigen, die außer Taylor wirklich an Matts Potential glauben sind sein bester Freund Landry (Jesse Plemons) und seine Großmutter (Louanne Stephens), um die sich Matt alleine kümmern muss, während sein Vater als Soldat im Irak ist. Matts Teamkollegen haben ihre eigenen Probleme: "Smash" Williams (Gaius Charles) will um jeden Preis als Profi Karriere machen um seiner Familie ein besseres Leben bieten zu können und Tim Riggins (Taylor Kitsch) verschwendet sein eigenes Potential an Alkoholexzesse und die lieblose, aber sexuell aufgeladene Beziehung zu seiner Freundin Tyra (Adrianne Palicki). Die will ihre Zeit in Dillon nur so gut wie möglich unbeschadet überstehen. Ihre Devise: Nichts wie raus aus der Provinz - und das sobald wie möglich. Doch dafür braucht sie Geld und mit Kellnern allein wird sie es wohl kaum nach Los Angeles, ihrem Traumziel, schaffen.
Mit Dillon haben die Macher von "Friday Night Lights" einen Ort geschaffen, der exemplarisch für den Alltag im Herzen der USA ist. Fast jeder, der bereits einmal die Staaten bereist hat, kennt die kleinen, fast abbruchreif erscheinenden Häuser am Stadtrand, die High Schools mit ihren bescheidenen Stadien, die sich vor allem durch riesige Flutlichter auszeichnen und die kleinen Diner und Restaurants in den Mini-Malls, die zum Treffpunkt der Jugendlichen werden. "Friday Night Lights" fängt dieses ur-amerikanische Lebensgefühl perfekt ein, ohne es zu romantisieren oder darüber ablehnend zu urteilen - es ist einfach so, wie es ist und die Figuren sind in diesem Umfeld zu Hause.
Unterstützt wird dies durch den Dokumentarstil, in dem die Serie gefilmt ist und auch die Art und Weise, wie inszeniert wird. Manche Szenen scheinen regelrecht improvisiert, die schauspielerischen Leistungen sind für Fernsehverhältnisse ungewöhnlich natürlich und greifbar. Gleichzeitig wirkt dieser Stil aber nicht distanzierend. Jede der Figuren wird genug Zeit eingeräumt, so kommt man ihnen schnell näher und prompt hat man auch seine Lieblinge im Team gefunden. Überaus zum Vorteil gereicht "Friday Night Lights", dass die Serie tatsächlich in Texas gedreht wird. So wirken Handlungsorte und selbst die Statisten im Hintergrund komplett authentisch. Es mag wie ein Klischee klingen, aber der Himmel über Amerika ist größer. Selbst diesem Aspekt wird hier Rechnung getragen. Der wolkenverhangene oder manchmal feuerrote Horizont und die weiten Felder, die ihn einrahmen, sind die ständigen Begleiter der Charaktere.
Doch als Kontrapunkt ist da natürlich auch die Enge der Kleinstadt Dillon und vor allem die Engstirnigkeit so mancher Einwohner, die Coach Taylor bei jedem Sieg in den Himmel heben und nach einer Niederlage geradezu mit Abscheu behandeln. Außerdem ist da das Gefühl von Hoffnungslosigkeit, die Frage, was aus unseren Protagonisten einmal wird, wenn sie die High School verlassen. Kaum einer von ihnen wird es in die NFL schaffen, oder ein Football-Stipendium für ein College erhalten. Dillon ist voll von ehemaligen "Panthern", die auf ihre Zeit im Team zurückblicken, als wäre es die beste in ihrem Leben gewesen - doch genau diese Zeit haben sie schon lange hinter sich. Diese Traurigkeit unter der Oberfläche ist ständig präsent. So sorgen sich die aktuellen Teammitglieder natürlich um ihre Zukunft. Jeder Besuch eines Talent-Scouts wird zum Ereignis und die Leidenschaft der Spieler beherrscht deren Alltag, aus dem sie so gleichzeitig ausbrechen. Leidenschaft ist hier das entscheidende Stichwort. Man muss wahrlich kein Sport-Fan sein um diesen Kampf um Erfolg nachvollziehen zu können. Besser zu werden bei etwas, was einem mehr als alles andere bedeutet, die Flucht vor einem tristen Alltag und die Suche nach Anerkennung, Liebe und einer besseren Zukunft - die Hauptthemen von "Friday Night Lights" sind universell.
Die Besetzung ist hervorragend. Kyle Chandler und Connie Britton bilden als Eric und Tami Taylor das Herz der Serie. Sie sind bis zu einem gewissem Grad fast so etwas wie Ersatzeltern der Panthers. Coach Taylor ist für alle Teammitglieder sowieso die ultimative Respektsperson, höchstens noch übertroffen von Gott persönlich. Denn viele Spieler haben selbst nun mal keine andere Vaterfigur in ihrem Leben. Matt, Tim und Smash müssen alle ohne einen Dad aufwachsen und tragen für ihr Alter eigentlich bereits viel zu viel Verantwortung auf den mit Football-Trikots gepolsterten Schultern.
Vor allem der scheue Matt, verkörpert von Zach Gilford, wird dabei leicht zur Identifikationsfigur der Zuschauer. Als Außenseiter hat er die Sympathien auf seiner Seite, egal ob er mit der Skepsis der ganzen Stadt kämpft oder seine an Demenz leidende Großmutter bändigen muss. Heimlich ist er in Coach Taylors Tochter Julie verliebt, doch kann er sich kaum dazu bringen sie auch nur anzusprechen. Tim ist da das genaue Gegenteil. Taylor Kitschs Figur hat einen ziemlichen Verschleiß an Mädels und Alkohol. Doch auch Tim ist heimlich verliebt, was noch schwerwiegende Konsequenzen haben könnte. Scott Porter beeindruckt mit seiner Darstellung des nach dem Eröffnungsspiel querschnittsgelähmten Jason, dessen Geschichte glücklicherweise nicht nur als Anfangspunkt für Matts Aufstieg im Team dient. Jasons Kampf um ein Leben jenseits der Panthers und die Probleme in seiner Beziehung mit Lyla sind fester Bestandteil der Serie. So sind die Storylines der Serie alltäglich, aber gerade deshalb hoch dramatisch.
Trotz vom Start weg herausragender Kritiken musste "Friday Night Lights" auf NBC stets um ein festes Publikum kämpfen. Während des Autorenstreiks 2007/2008 kamen Befürchtungen auf, das Network würde die Serie einstellen. Doch stattdessen traf man eine Vereinbarung mit DirecTV, einem Anbieter für Satellitenfernsehen. Der würde fortan Episoden von "Friday Night Lights" zuerst ausstrahlen dürfen und dafür einen Teil der Produktionskosten übernehmen. Inzwischen wurde so die Zukunft des Dramas bis ins Jahr 2011 hinein gesichert. Einziger Wermutstropfen dabei: kürzere Staffeln von nur 13 Episoden. Aber wenigstens bleiben den Fans so die Dillon Panthers noch eine ganze Weile erhalten.
In Deutschland können bislang nur Pay-TV-Abonnenten in den Genuss von "Friday Night Lights" kommen. Seit Januar 2009 sind die Panthers bei TNT Serie zu Hause, für eine Free-TV-Premiere gibt es bislang noch keine Anzeichen. Serien-Liebhaber sollten als Alternative einfach den Griff zu den amerikanischen oder britischen DVD-Boxen wagen. Ansonsten könnte ihnen eine der besten Drama-Serien dieses Jahrzehnts entgehen.
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