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"Tender Hearts": Deutsche Sci-Fi-Comedy zwischen Romantik und Cringe
(06.04.2023)

Ist Liebe zwischen Menschen und humanoiden Maschinen möglich? Wer sich für diese philosophische Frage interessiert, könnte durchaus von romantische Sci-Fi-Comedy
- ein Genre-Mix, der vor allem im deutschsprachigen Raum eindeutig aus der Masse heraussticht. Doch wie überzeugend ist die praktische Umsetzung des Gedankenexperiments?
Die Frage, ob künstliche Intelligenz auch Emotionen entwickeln könnte, beschäftigt Science-Fiction-Fans quasi seit der Entstehung des Genres. Dabei wird aber allzu oft der andere Blickwinkel vernachlässigt: Wären denn auch Menschen in der Lage, Maschinen zu lieben?
Wenn man den Berichten während der Pandemie über stark gestiegene Umsätze in der Sexspielzeugbranche vertraut, deutet das auf ein klares Ja
. Nur ist Sex nicht gleich Liebe. Diesen Unterschied versucht "Tender Hearts" trotz vieler Oberflächlichkeiten herauszuarbeiten. Nicht zuletzt gelingt das insbesondere durch Friederike Kempters vielschichtige Darstellung der selbstbestimmten und sensiblen Mila.
Mila sehnt sich nach den Vorteilen einer Beziehung, doch die dafür notwendige Intimität fällt ihr schwer. Zufällig stößt sie auf die Werbung des Unternehmens Tender Hearts, die man als Zuschauer tatsächlich schon ganz zu Beginn der ersten Folge zu sehen bekommt - im Nachhinein wäre es spannender gewesen, den Werbefilm zusammen mit Mila das erste Mal in seiner Gesamtheit zu erleben, statt ihn eins zu eins innerhalb einer knappen halben Stunde zu wiederholen. Dafür kommt einem der Slogan, den die deutschsprachige Meryl-Streep-Kopie nutzt, bereits bekannt vor und erweckt ein Gefühl der Vertrautheit: Hey Mila, wir haben an dich gedacht.
Die sanfte Stimme und die starke Botschaft der doch sehr einfachen Wortwahl zeigen Wirkung - und zwar nicht nur bei Mila.

In der Masse unterzugehen, obwohl die Welt so personalisiert ist wie noch nie, ist ein sehr zeitgemäßes Phänomen. Der Appell an das Bedürfnis, gehört und gefühlt zu werden, ist ein cleverer Schachzug. So beschäftigt sich Mila mit dem Unternehmen, nach dem die Serie benannt wurde: Tender Hearts bietet drei verschiedene Typen sogenannter "Lovedroids" an. Zur Auswahl stehen "Reliable Ben", "Natural Bro" und "Friendly Bo".
Jeder erfüllt ein anderes Bedürfnis - Verlässlichkeit, Abenteuer oder Verbundenheit. Mila entscheidet sich für Letzteres, sodass sie bereits kurze Zeit später auf ihrem Smartphone via Sendungsnachverfolgung ihr "Paket" tracken kann. Eine amüsante und absolut nachvollziehbare Situation für jeden, der vor Vorfreude schon die Nase gegen das Fenster gedrückt hat, in der Hoffnung den Lieferwagen in die Straße einbiegen zu sehen.

Allerdings eröffnen sich hier bereits die ersten logischen Fragen, mit denen die Zuschauer in den ersten Folgen noch allein gelassen werden. Gibt es "nur" diese drei Modelle, die in jeder Ausführung gleich aussehen? Werden sie gekauft, gemietet oder abonniert (die letzten beiden Worte fallen zwar im Dialog zwischen den Charakteren, jedoch wird nicht einmal ein monetärer Wert genannt, geschweige denn die Dauer)? Heißt das, meine Nachbarin könnte genau dasselbe Modell bestellen und wir würden beide denselben humanoiden Freund haben? Hä?
Statt wertvolle Sendezeit in für die Handlung irrelevante Virtual-Reality-Szenerien aus Milas Arbeit oder ausschmückende Graphiken ohne Mehrwert zu investieren, wären hier einige Antworten von Vorteil gewesen. Auch was Milas anscheinende Beinverletzung betrifft, fehlt es an Konsistenz, oder zumindest klar kommunizierter Information - mal kann sie ganz ohne Orthese ihr Bein bewegen, mal nicht. Das sind kleine, aber feine Details, die sich vor allem in den ersten Folgen unmittelbar auf die Glaubwürdigkeit einer Geschichte auswirken.

Dafür haben sich die kreativen Köpfe hinter der Serie gründlich mit den Funktionen und dem Auftreten des "Lovedroids" auseinandergesetzt. Wie riecht eine humanoide Liebesmaschine? Aus welchen Materialien besteht sie? Kann sie essen und trinken? Dadurch, dass nicht nur Milas, sondern auch die Perspektive der Entwickler von ihrem "Bo" gezeigt wird, bekommt man als Zuschauer ein besseres Verständnis von den "Lovedroids": Sie sollen nicht einfach bewegliche "Sexpuppen" sein, sondern so menschlich wie möglich agieren und reagieren. Ein edles Ziel, das in der Praxis jedoch kaum verfolgt wird. "Tender Hearts" bleibt ein Unternehmen, das auf das Sammeln von Nutzerdaten und Profit aus ist.
Letzteres verdeutlicht auch eine Szene, in der Mila allerlei Angebote für die (kostenpflichtige) Individualisierung ihres Bos unterbreitet wird - darunter "Aufsätze" für Geschlechtsteile. In dieser Hinsicht mangelt es an Konsistenz, da das Unternehmen doch mit seiner Erfindung auf "Erfahrung" und nicht auf reines Vergnügen setzen möchte. Bei Mila ist das nochmal etwas anderes: Friederike Kempter vermittelt ihre Zögerlichkeit, Neugierde und Angst sehr eindrucksvoll. Die Entwicklung, sich einer humanoiden Maschine sowohl sexuell als auch emotional anzunähern, verläuft nun mal nicht linear, insbesondere, wenn die letzte Beziehung wohl ein äußerst trauriges, wenn nicht sogar tragisches Ende genommen zu haben scheint.

Ein großes Manko, das die Serie mit sich bringt: der sehr intensive Gebrauch einer denglischen Sprache. Wer schon jetzt bei den typischen Anglizismen der Gen Z à la "true", "slay" und Co. die Stirn verzieht, wird bei "Tender Hearts" schnell tiefe Falten bekommen, so häufig wie englische Ausdrücke fallen. Einerseits ist diese Entwicklung durchaus realistisch - Mila entspricht altersmäßig sicherlich einem Gen-Z-Single in 20 bis 30 Jahren -, andererseits widerspricht es den gegenwärtigen Erwartungen an einer deutschsprachigen Serie, was durchaus für Verwirrung sorgt. Das lockere "Denglisch" wirkt sich leider auch auf die Qualität der Dialoge aus, die dadurch stets oberflächlich und klischeehaft bleiben. Gerade die Interaktionen zwischen Mila und ihrer Schwester Anja kommen eher wie ein Pseudo-Versuch herüber, den Bechdel-Test zu bestehen: Wenn mal nicht über Beziehungen und/oder Männer gesprochen wird, geht es dafür um Schönheits-OPs in der Intimzone mit dem Zweck, dem anderen Geschlecht zu gefallen. Solche Plattitüden wären absolut verzichtbar gewesen.

Wenn auch die erste Folge leider nicht zum "Bingewatching" einlädt, sollten Unschlüssige mindestens der zweiten Folge noch eine Chance geben. Trotz der genannten Schwächen bleibt der Gesamteindruck nämlich positiv: "Tender Hearts" macht neugierig, Milas Erfahrung mit ihrem "Bo" weiter zu verfolgen - und sich selbst dabei stets zu hinterfragen, ob und inwiefern man zu einer ähnlichen Erfahrung bereit wäre. Weitere Handlungsstränge um die Entwickler der "Lovedroids" bieten Raum zur Spekulation, ob es womöglich weitere Modelle gibt, die eine reine "Liebesfunktion" übertreffen ...? Wenn man über logische Lücken und ein bisschen "Cringe"-Faktor hinwegsehen kann, hält die deutsche Serie durchaus ihr Versprechen, romantisch und humorvoll an ein Science-Fiction-Thema heranzutreten. "Tender Hearts" hat an all diejenigen gedacht, die nicht nur von fühlenden Maschinen träumen, sondern von diesen eben geliebt zu werden.
Dieser Text basiert auf der Sichtung der ersten drei Folgen der Serie "Tender Hearts".
"Tender Hearts" ist eine Produktion der Odeon Fiction mit Katja Herzog als Produzentin sowie Kathrin Tabler und Karoline Fitzgerald als Producerinnen. Die erste Staffel wird ab dem 6. April donnerstags um 20.15 Uhr in Doppelfolgen bei Sky Atlantic ausgestrahlt. Alle Folgen stehen auch auf Sky Q zur Verfügung.
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