In der Nacht vom 9. auf den 10. November 1938 fand auf Geheiß der Nazis die erste großangelegte und vor aller Augen stattfindende systematische Judenverfolgung statt. 30.000 Juden wurden verhaftet und in Konzentrationslager verschleppt, mehr als 250 Synagogen niedergebrannt und 75.000 jüdische Geschäfte geplündert beziehungsweise zerstört. Unter dem eher verharmlosenden Begriff - der der Schnoddrigkeit der Berliner entsprang - "Reichskristallnacht" hat sich dieses Pogrom in das kollektive Gedächtnis eingeschrieben. Aber die genauen Hintergründe dieses Dramas sind wenig bekannt. Der junge polnisch-deutsche Jude Herschel Grünspan hatte am 7. November 1938 in der deutschen Botschaft, dem Palais Beauharnais in Paris den deutschen Diplomaten Ernst Eduard vom Rath angeschossen und schwer verletzt. Adolf Hitler entsandte seine Leibärzte nach Paris, um die französischen Ärzte zu unterstützen. Am Nachmittag des 9. November verstarb vom Rath. Während die Nazis diese Tat nutzten, um die mit den Nürnberger Gesetzen eingeleitete sogenannte "Arisierung" voranzutreiben, wurde Grünspan für die Gegner des Naziregimes zum Symbol des Widerstands. Herschel Grünspan wurde von der französischen Polizei verhaftet und nach der Besetzung Frankreichs 1940 von der Vichy-Regierung nach Deutschland ausgeliefert und ins Lager Sachsenhausen gebracht. Um die "jüdische Weltverschwörung" zu beweisen, plante NS-Propagandaminister Joseph Goebbels einen Schauprozess, der jedoch nie stattfand. Während der Ermittlungen gab Grünspan an, Ernst Eduard vom Rath im Homosexuellenmilieu kennengelernt und aus persönlichen Gründen gehandelt zu haben. War Grünspan enttäuscht, weil vom Rath ihm versprochen hatte, seiner Familie zu helfen, tatsächlich aber nichts unternahm? War seine Tat ein politischer Akt oder doch persönliche Rache? Herschel Grünspan wurde vermutlich Ende 1942 oder Anfang 1943 im Lager Sachsenhausen ermordet.
(arte)
Länge: ca. 80 min.
Deutsche TV-Premiere: 29.10.2008 (arte)
gezeigt bei: zeit.geschichte (A, 2011)
Cast & Crew
- Regie: Joël Calmettes
- Drehbuch: Robert Badinter, Joël Calmettes
- Produktion: Jean Nainchrik
- Musik: Carolin Petit
- Kamera: Hans Meier
- Schnitt: Murielle Froger