Die rätselhafte Straßenbahn-Schaffnerin Hanna beginnt eine Affäre mit dem 15-jährigen Schüler Michael Berg. Während er ihr eifrig aus der Weltliteratur vorliest, weiht sie ihn in die Kunst zu lieben ein. Ihre Beziehung dauert nur einen Sommer, dann verschwindet Hanna über Nacht. Knapp ein Jahrzehnt später begegnet der angehende Jurist seiner großen Liebe überraschend im Gerichtssaal; dort muss sie sich für ihre Vergehen als KZ-Aufseherin verantworten. Erst jetzt errät Michael ihr sorgsam gehütetes Geheimnis, das sie niemals preisgeben wird. Lieber geht Hanna lebenslänglich ins Gefängnis. Mit dieser einfühlsamen Adaption von Bernhard Schlinks Weltbestseller gelang Stephen Daldry eine ungewöhnliche Gratwanderung zwischen Holocaust-Thematik und fesselndem Melodram. Für die eindringliche Darstellung der analphabetischen KZ-Aufseherin erhielt Kate Winslet einen Oscar. Außerdem sind Ralph Fiennes, Alexandra Maria Lara, Bruno Ganz und der deutsche Shootingstar David Kross zu sehen. * Im Nachkriegsdeutschland der späten 50er Jahre begegnet der Gymnasiast Michael (David Kross) der Straßenbahn-Schaffnerin Hanna (Kate Winslet). Auf ruppig-mütterliche Art verführt die 36-Jährige das "Jungchen". Der 15-Jährige beginnt mit der wortkargen Frau eine Affäre, die um ein scheinbar albernes Spiel kreist. Hanna geht nur mit ihm ins Bett, wenn er ihr aus seinen Schulbüchern vorliest: Homer, Tschechow, D.H. Lawrence. Sie lauscht mit gespannter Aufmerksamkeit. Die Unbeschwertheit dauert einen Sommer, dann verschwindet Hanna spurlos. Ein knappes Jahrzehnt später nimmt Michael (nun gespielt von Ralph Fiennes), inzwischen Jurastudent, als Beobachter an einem Auschwitz-Prozess teil und erkennt zu seinem Entsetzen Hanna unter den Angeklagten. Seine einstige Geliebte entpuppt sich als KZ-Aufseherin, die 300 Menschen auf dem Gewissen haben soll. Im Laufe der Vernehmungen errät Michael ihr Geheimnis, für das sich Hanna mehr schämt als für ihre Verbrechen: Sie ist Analphabetin. Mit dieser Information würde sich die Beweislage ändern. Soll Michael für sie aussagen? Stellt sich dadurch die Frage nach ihrer persönlichen Schuld neu? Bernhard Schlinks Roman von 1995 sorgte für Aufsehen und wurde weltweit zum Bestseller. Der Brite Stephen Daldry, der bereits mit der Virginia-Woolf-Verfilmung "The Hours" sein Talent für die Adaption komplexer Literaturvorlagen bewies, hält sich eng an das Buch. Er gliedert die Handlung in drei Zeitabschnitte und lässt Michael im letzten Teil Hanna erneut begegnen. Auf explizite Lehren verzichtet dieses Drama, ebenso auf Holocaust-Rückblenden. Seine Geschichte handelt vom Umgang mit Schuld. Sieht man diese anders, wenn eine nahestehende Person darin verwickelt ist? In der eleganten Inszenierung der Täterin findet der Zwiespalt seinen Ausdruck. Hanna wird nicht als sadistisches Monster dämonisiert, sondern als ambivalenter Mensch gezeigt. Zudem ist die Rolle unvergleichlich besetzt: Kate Winslet gibt die einerseits verletzliche und erotische Frau, die anderseits "deutsche Tugenden" wie Sauberkeit und Ordnung über alles stellt und als reibungslos funktionierendes Rädchen im Getriebe der Mordmaschinerie funktioniert hat. Für ihre Darstellung der Hanna erhielt die britische Schauspielerin den Oscar in der Kategorie Beste Hauptrolle. Liebhaber Michael, kongenial von David Kross und Ralph Fiennes verkörpert, muss am Ende die bittere Wahrheit erkennen, dass Kultur kein Gegengift zur Barbarei bietet.
(SWR)
"Der Vorleser" beruht auf dem gleichnamigen Roman von Bernhard Schlink (1995). Besonders Kate Winslet brilliert in ihrer Rolle als Hanna Schmitz. 2009 wurde sie für "Der Vorleser" vielfach als beste Haupt- oder Nebendarstellerin ausgezeichnet (unter anderem mit dem Oscar, Golden Globe, Bambi und Europäischen Filmpreis). Der Film selbst wurde in den Kategorien Bester Film, Beste Regie, Bestes adaptiertes Drehbuch und Beste Kamera für den Oscar sowie den BAFTA-Award nominiert.
(arte)
Länge: ca. 124 min.
Deutscher Kinostart: 26.02.2009
Original-Kinostart: 30.01.2009 (USA)
Deutsche TV-Premiere: 13.06.2010 (Sky Cinema)
FSK 12
Cast & Crew
- Regie: Stephen Daldry
- Drehbuch: David Hare
- Produktion: Donna Gigliotti, Anthony Minghella, Redmond Morris, Sydney Pollack, Bob Weinstein, Harvey Weinstein, Marieke Spencer, Nora Skinner, Michael Simon de Normier, Tarik Karam, Jan Enderlein, Jennifer Lane, Aaron Levine, Jeff Maynard, Arno Neubauer, Jasmin Torbati, Caren Wiederhold, Mirage Enterprises, Studio Babelsberg, Deutscher Filmförderfonds, Medienboard Berlin-Brandenburg, Filmstiftung Nordrhein-Westfalen
- Produktionsauftrag: ARD
- Produktionsfirma: The Weinstein Company, Neunte Babelsberg Film GmbH, Filmförderungsanstalt, Mitteldeutsche Medienförderung
- Musik: Nico Muhly
- Kamera: Roger Deakins, Chris Menges, Erwin Prib, Yesim Zolan
- Schnitt: Claire Simpson
- Szenenbild: Eva Stiebler
- Maske: Pauline Fowler, Gabriele Kent-Horspool, Linda Melazzo, Valeska Schitthelm, Annett Schulze, Anna Von Gwinner, Maria Torfeld
- Kostüme: Donna Maloney, Ann Roth
- Regieassistenz: David Blazina, Carlos Fidel, Mara Fiedler, Tarik Karam, Josh Newport, Miguel Angelo Pate, Tonja Schürmann, Richard Styles
- Ton: Antonio L. Arroyo
- Spezialeffekte: Michael Apling, Thomas Thiele, Olaf Will
- Stunts: Marco Camper
- Distribution: Senator Filmverleih, Alliance
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