Originalpremiere: 1970
FSK 12
Länge: ca. 81 min.
1798 wurde bei Aveyron ein etwa 12-jähriger, wild aufgewachsener und gehörloser Knabe eingefangen und später nach Paris gebracht. Als alle Erziehungsversuche in der Gehörlosenschule von Paris scheitern, nimmt Dr. Jean Itard den "Wolfsjungen" in seine Obhut und zieht mit ihm aufs Land, nach Batignolles. Gemeinsam mit seiner Haushälterin Madame Guérin versucht er in unablässigem pädagogisch-psychologischen Bemühen, das bisher nie erwachte Kontaktvermögen des Jungen zu wecken. Sie geben ihm den Namen Victor und lehren ihn nach und nach, unter Menschen zu leben, zu lesen, zu schreiben, bei Tisch zu essen. Durch die intensive Zuwendung lernt er nach und nach bestimmte Handgriffe wie Erbsen schälen, Holz sägen und den Tisch zu decken, die ihm offensichtlich sogar Freude bereiten. Ausserdem stellt die Haushälterin fest, dass Victor einen ausgeprägten Ordnungssinn hat und Gegenstände immer an den Platz zurücklegt, an dem sie am Vortag lagen. Dr. Itard versucht unermüdlich und mit viel Einfühlungsvermögen, den Jungen spielerisch an die Sprache heranzuführen. Um seine moralische Empfindsamkeit zu testen, geht Dr. Itard sogar so weit, ihn in ungerechter Weise zu bestrafen ... Der Film ist in einem fast dokumentarischen Stil in Schwarz-Weiß gedreht und gehört zu den Schlüsselwerken Truffauts. "Truffauts schlichter Film, der tagebuchartig dem Bericht des Arztes folgt, ist ein menschlich und künstlerisch eindrucksvolles Dokument des Glaubens an eine gewisse Entwicklungsfähigkeit jedes Menschen." (Filmdienst)...
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"Der Wolfsjunge" erhielt zahlreiche Preise und wurde unter anderem 1970 mit dem Prix Méliès ausgezeichnet. Die Resonanz auf den Film war weltweit von Begeisterung geprägt. Truffaut hat viele Cameo-Auftritte in seinen Filmen - hier spielt er die Hauptrolle, wie auch in "Die amerikanische Nacht" und "Das grüne Zimmer". Der gehörlose Junge in "Das grüne Zimmer" wirkt wie eine Reminiszenz an den "Wolfsjungen" und verweist auf zentrale Leitmotive in Truffauts Schaffen: die Beschäftigung mit den Zwängen und Normen der Gesellschaft, die Menschen zu Außenseitern machen, und sein unerschütterlicher Glaube an die Wirkung der Erziehung.
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Cast & Crew
- Regie: François Truffaut
- Drehbuch: François Truffaut, Jean Gruault
- Produktion: Claude Miller, Marcel Berbert, Roland Thenot, Les Artistes Associés, Les Films du Carrosse, Les Productions Artistes Associés
- Kamera: Nestor Almendros
- Schnitt: Agnès Guillemot
- Regieassistenz: Suzanne Schiffman
- Ton: René Levert